Diesmal bei UdR: Klabautamann – benannt nach dem sonst aus der Seefahrt beheimateten Kobold, der an Deck eines Schiffes sein Unwesen treiben soll und vor Schiffbruch warnt, macht dieses Musik-Projekt aus NRW bereits seit 1998 die sieben Weltmeere unsicher… naja, oder vielleicht doch eher unsere Gehörgänge.
Insgesamt fünf Alben und eine EP sind Stand jetzt veröffentlicht und laut eigener Aussage auf Social Media ist das sechste Album schon seit einiger Zeit in Arbeit. Aber fangen wir mal ganz von vorne an. Wer steckt überhaupt hinter Klabautamann?Gegründet wurde das heutige Ein-Mann-Projekt im Jahr 1998; das Debüt-Album folgte dann fünf Jahre später mit "Our Journey Through the Woods" (2003). Damals war nicht nur Tim Steffens, der für Vocals, Gitarre und Bass zuständig ist, Teil der Band, sondern auch der später durch die Doom-Metaller Valborg bekannt gewordene Florian Toyka. Dieser verließ 2019 jedoch Klabautamann, um sich auf seine anderen Projekte zu konzentrieren – es gab also keinen Streit zwischen den beiden Jungs, der zur Trennung geführt hat. Toyka betreibt zudem aktiv das Label ,Zeitgeister Music, über welches auch die letzten drei Alben von Klabautamann, "Merkur" (2009), "The Old Chamber" (2011) und "Smaragd" (2017) erschienen sind.
Mit Opeth als eigens erwähnte Inspiration lässt sich der Stil von Klabautamann mit einzigartigen Harmonien und extrem progressivem Riffing bezeichnen. Laut Steffens bestand schon immer ein erhebliches Interesse daran, verschiedene musikalische Elemente zu vermischen und etwas Eigenes, aber in sich doch Stimmiges zu kreieren. Passend dazu bedient man sich der Natur und ihrer Facetten als Thema in den Lyrics, ist in der poetischen Verarbeitung aber nicht nur darauf beschränkt.
Bevor wir uns jetzt auf die Alben aus 2003 und 2009 stürzen und uns ein wenig die stilistische Reise vor Augen führen, die Klabautamann durchgemacht hat, ein kleiner Ausblick zum Album, das für die nahe Zukunft angekündigt ist: Es wird den Titel "Numbered" tragen und ist, wie oben schon erwähnt, gerade im Entstehungsprozess. An der Platte sind, neben Klabautamann selbst, auch einige Gastmusiker:innen beteiligt, unter anderem Anna Murphy vom schweizerischen Folk Rock-Trio Cellar Darling.
Aktuelle Besetzung:
Tim Steffens – Vocals, Gitarre, Bass
Patrick Schroeder – Drums (live)
Diskographie:
2003 – Our Journey Through The Woods (Album)
2005 – Der Ort (Album)
2007 – Klabautamann (EP)
2009 – Merkur (Album)
2011 – The Old Chamber (Album)
2017 – Smaragd (Album)
Review zu "Our Journey Through The Woods”:
Passend zum Titel ist das Erste, was wir hören, das Knacken von Zweigen und Laub unter zielstrebigen Schritten. Schon nach wenigen Augenblicken werden diese von trübem Gitarrengeklimper begleitet, welches nach dem Intro von einem schneidigen Riff und bissigen Vocals abgelöst wird. "Der Nöck" macht seinem Namen alle Ehre, klingt der Song doch so eigenwillig, wie die mythologische Figur selbst. "Trolldance" beginnt unerwartet melodisch, aber auch hier wird nicht an forschen Gitarren gespart und uns wird ein wechselndes Riffspiel aus Geschrote und verspielt-mystischen Passagen geboten. Tanzende Trolle kann man sich hierzu gut vorstellen.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, präsentiert sich "Rabenmorgen" in recht warmer Intonierung – die Gitarren klingen voller und trotz flottem Schlagzeug vermittelt der Song eine gewisse Ruhe, die man vorher auf dem Album noch nicht gehört hat. Entsprechend ruhig fällt auch der Übergang zu "Seaghost" aus, und so langsam lässt sich ein Muster erkennen: Entspannt starten, um Spannung aufzubauen, und dann alles wegballern, was geht – gefällt! Die instrumentalen Übergänge zwischen den Songs runden das Ganze so ab, dass der Spannungsbogen nicht abfällt. Weiter geht es mit "Elfentanz", einer Art Interludium, das uns ohne Gesang und Schlagzeug auf den unmittelbar bevorstehenden Abriss in "Tower of Sorcery" vorbereitet. Als dieser dann einsetzt, ist auch endgültig das Mattenschwing-Level erreicht und höchst progressiv zerfetzt es einem die Ohren.
In "This Place" wird sich das obligatorische Intro gespart, da dieser nahtlos an "Tower of Sorcery“ anknüpft und auch was die Harmonien betrifft ähnlich gestrickt ist. Dafür folgt später ein äußerst melodisches Solo, welches auch diesen Song sehr abwechslungsreich macht. Als Vorletztes begeben wir uns mit "Spring Morning Sun" auf eine Odyssee stilistischer Aufs und Abs und geschickter Tempowechsel. Die hier gehörte melancholische Endzeit-Stimmung könnte glatt schon als krönender Abschluss der Platte durchgehen, aber da kommt ja noch ein Song! Und der verpasst dem Ganzen dann tatsächlich den letzten Schliff: Schräge Gitarren ziehen sich im erhöhten Mitteltempo durch die letzten acht Minuten der Platte; es wird sich Zeit gelassen das Album so zu beenden, wie es angefangen hat – mit Schritten im Geäst.
Trackliste:
01. Intro: Walking Through Twilight
02. Der Nöck
03. Trolldance
04. Rabenmorgen
05. Seaghost
06. Elfentanz
07. Tower of Sorcery
08. This Place
09. Spring Morning Sun
10. Autumn’s Breath
Review zu ,,Merkur":
Gnadenlos wird man direkt in "Unter Bäumen" in eine schräge Melodie aus Tremolo-Picking geworfen, an die sich rhythmisch eine Art geleierter, instrumentaler Shanty anschließt – darauf folgt dann nochmal das Riff vom Anfang, der Rest vom Song verhält sich auffällig ruhig, nur zum Schluss dröhnt es nochmal ein wenig. Was für eine Sturmfahrt gleich zu Beginn! Verträumt schließt sich "When I Long For Life" an; friedlich bleibt es aber nicht lange und noch im gleichen Song fliegen die Fetzen. Das Riffing erinnert stellenweise sehr an den klassischen Black Metal-Sound aus den späten 80ern, zum Schluss schlummert "When I Long for Life" dann aber doch ein…
…und langsam erwacht man wieder aus dem Schlummer: "Stygian“ weckt uns mit quasi-geflüsterten Vocals und seichten Gitarrentönen, auch wenn das rege Tempo zwischendrin durch ein etwas Wilderes ersetzt wird, das stark an Wellengang erinnert. Eine Kehrtwende macht die Scheibe bei "Herbsthauch“: Kein träumerisches Einleiten, es gibt sofort die volle Ladung Strom. "Morn of Solace" kommt mit geringerer Geschwindigkeit aus und klingt deutlich progressiver und erinnert damit tatsächlich sehr an Opeth oder Enslaved. Ähnlich verhält es sich mit "Der Wald ist ein Meer“, wobei hier der nautische Einschlag stärker durchscheint.
Völlig abgedreht kreischen uns gleichermaßen geisterhafte Stimmen wie Gitarren entgegen, als "Merkur" über die Bühne zieht. Zur Überraschung geht es nach dem anfänglichen Schrecken eher groovy weiter, sodass der titelgebende Song in etwa die gleiche Menge an „Was zur Hölle“-Momenten besitzt, wie der erste auf der Platte. In "Lurker in the Moonlight“ entspannt sich das Ganze wieder ein wenig. Zwar wird hier mit einem strengen Riff gearbeitet, dieses wird aber im Laufe des Songs wieder durch gelassenes Gitarrenspiel ausgetauscht. Den Abschluss macht dann "Noatun", welcher einem unbehaglichen Schlaflied wohl am nächsten kommt. Der Verdacht, dass hinter der anfänglichen Seite ein Twist steckt, bestätigt sich wenig später, als die E-Gitarren loslegen, der Wind Richtung Albtraum dreht und dem Album schließlich ein schaurig-schönes Ende auf Klavier beschert.
01. Unter Bäumen
02. When I Long for Life
03. Stygian
04. Herbsthauch
05. Morn of Solace
06. Der Wald ist ein Meer
07. Merkur
08. Lurker in the Moonlight
09. Noatun