Unter dem Radar - In Dornen (Black Metal/Ambient)
Review

Unter dem Radar - In Dornen (Black Metal/Ambient)

In diesem Artikel widmen wir uns einem Projekt, das noch ziemlich weit unter dem Radar schwimmt: In Dornen um den vielseitigen Musiker Wolfgang Kronsteiner aus Österreich. Und da befinden wir uns direkt im eigenen Sud: Mr. Wolle Kroni aus unserem Team zeichnet sich für das innovative, experimentierfreudige Unterfangen verantwortlich, irgendwo zwischen Black Metal, Ambient-Musik und einer unbändigen Liebe für Heimat, Poesie und Natur.

  • von Haimaxia
  • 06.07.2022

Gegründet 2008 sind unter dem Namen In Dornen bis dato vier Releases erschienen. Im Gründungsjahr erschien bei Karge Welten Kunstverlag die erste Demo "In den tiefen Wäldern", sowie zwei Jahre später das Debüt "Isolation". Nach einer Split mit dem Projekt Tann im Wald 2011 war es erstmal lange still um das Projekt aus Losenstein/Oberösterreich. 

Kronsteiner hat sich mit seinen in Eigenregie zusammengezimmerten Werken auf die Fahne geschrieben, Musik zu kreieren, die seine Hörerschaft nicht nur berühren, sondern auch auf eine Reise entführen soll - hierzu wählte man das Sprachrohr Black Metal, aber stets gepaart mit Ambient-Passagen, Piano-Musik oder gesprochener Poesie, und das stets mit der Kulisse der Natur und in Teilen verbunden mit seiner Heimat Österreich. 

Just in diesem Jahr erschien das brandneue Album "Heimkehr" via Moos und Efeu Produktionen - dieses analysieren wir weiter unten im Artikel. Kurz darauf wurde bereits die Arbeit an einem noch im selben Jahr erscheinenden Nachfolgewerk namens "Vergänglichkeit" und ein weiteres Album "Trauer" angeteasert - diesmal sogar mit Gastmusikern im Portfolio. Hier wurden u.a. die peruanischen Black Metaller von Depression, Nico von Ocinn und Lebenssucht-Gitarrist S.P. erwähnt. Auch wenn Kronsteiner selbst über sein Projekt sagt, es werde immer ein Underground-Unterfangen bleiben, so bildet es doch sein zweites Ich ab. Man sieht erneut: Projekte wie In Dornen, die im Alleingang angegangen werden, strotzen oft vor Schöpfungskraft, und Arbeit in Hochfrequenz, solange Zeit und Inspiration vorhanden sind.

Aktuelle Besetzung

Wolfgang Kronsteiner - Everything

 

Diskographie

2008 - In den tiefen Wäldern (Demo)

2010 - Isolation (Album)

2011 - Split (Split /w Tann im Nebel)

2022 - Heimkehr (Album)

2022 - Vergänglichkeit (Album)

? - Trauer (Album)

 

Review zu "Heimkehr"

Das Setting: Ein heimkehrender Wanderer stapft durch den Schnee, man hört das Rufen einer Eule, dann schließlich ein geflüstertes Gedicht. Das ist das Intro zu "Heimkehr", dem bis dato jüngsten Werk von In Dornen. Hier wird auch -nicht nur wegen des Bandnamens- gleich zu Anfang deutlich, dass Kronsteiner, seines Zeichens gleichzeitig Legislative, Iudikative und Exekutive seines Projekts, ein großer Fan seiner Landsleute Dornenreich ist: Auch Eviga spielt gerne mit geraunter Lyrik und einem Auf und ab zwischen Ruhe und Sturm. Aber haben wir es bei In Dornen um einen Möchtegern-Versuch zu tun, die bekannte Truppe aus dem Kader Prophecy Productions nachzuahmen oder ihrer zu huldigen? Keineswegs.

In Dornen präsentiert sich auf diesem Tonträger als Potpourri diverser Ideenstränge und Pendelausschlägen - denn, was man schnell bemerkt, wenn man sich die Platte anhört, ist, dass Kronsteiner ein großer Freund davon ist, einfach mal herumzuexperimentieren und lange Ambient-Passagen oder einfach bloß gesprochene Passus einzubauen, statt einfach ein schnörkelloses Black Metal-Opus zu liefern - das könnte Hörern, die Puristisches erwarten, aber zu viele Samples, Voiceovers und ruhigere Passagen hören, eher vom Projekt abbringen. Dabei ist es mutmaßlich genau das, was hier verschmolzen werden soll: Emotionsgeladene, affektive, rauschhafte Song-Bruchstücke, die aber neben diese in sich gekehrten Sinnsprüche und Monologe gestellt werden. Oder man kritisiert nun, dass viele dieser genannten Ideenstränge schlicht zu kurz aufleuchten oder nicht zu Ende gedacht scheinen. Tatsächlich wünscht man sich, dass ein Song wie der Opener "Hoamat", welcher in Teilen wirklich in explosiven Gefühlsentladungen daherkommt, diese mehr in die Länge zöge - stattdessen endet das kleine, etwas LoFi-Charakter tragende Hoch nach wenigen Minuten und blendet in eine Frauenstimme über, die in österreichischem Dialekt ein Gedicht über die Sehnsucht nach der Heimat vorträgt - interessanter Fakt: Hierbei handelt es sich Kronsteiners Angaben nach um seine eigene Mutter.

Im Grunde geht es nach dem Piano-untermalten, essayistischen Sampler bei "Im Wald" und dem bedrohlichen Gemurmel bei "Nachts", das wie ein nicht in Ordnung zu bringendes Chaos im Kopf wirkt und sich zu einem kehligen, unverständlichen Finale aufbäumt, aber erst so richtig heißblütig bei den finalen Songs "Einsamkeit" und "Winterkälte" her. Diese dürften wohl die Highlights der Platte bilden. Hier zeigt sich das Potential des Musikers vor allem: Zünftige und gleichsam beklemmende, entrückte Schreie zu atmosphärischen Gitarrenwänden, Uptempo-Black Metal, der in Geigenklänge übergeht, geplagter Klagegesang.   

Gleichzeitig muss man sagen, dass "Heimkehr" dadurch wirklich arg fragmentiert und doch sehr inkohärent wirken kann, wenn eben erst nach 20 Minuten mit wenig Action, in denen man auf eine falsche Fährte gelockt wird, der furiose Charakter von In Dornen entfesselt wird - das nimmt natürlich den finalen Stücken keinesfalls ihre Wucht. Aber irgendwie wünscht man sich, dass die Songs auf "Heimkehr" im Allgemeinen ausufernder und nicht von so abrupten Wechseln gekennzeichnet wären. 

Ähnlich wie beim Intro klingt die Platte danach wieder mit einem finalen Gedicht aus und man wird mit gemischten Gefühlen zurückgelassen: So vieles, das fasziniert, das tief in die Gedankenwelt des Musikers blicken lässt - so vieles, das fesselt und uns womöglich wirklich mitunter an Dornenreich erinnert, ohne dabei zu kopieren - so vieles, das aber auch zeigen will, dass das volle Leistungsvermögen hier noch nicht ausgeschöpft ist, als wäre die Platte bloß ein Teaser-Trailer zu noch viel mehr. Wie viel Wirkmächtigkeit und Power noch in In Dornen steckt, muss Kronsteiner uns mit seinen zukünftigen Werken zeigen!

Trackliste:

01. Intro: Einklang
02. Hoamat
03. Im Wald
04. Nachts
05. Herbst
06. Einsamkeit
07. Winterkälte
08. Outro: Heimkehr

7
PUNKTE
Bewertung

Am Ende kann man "Heimkehr" vielleicht ankreiden, kein reinblütiges BM-Album und kein reinblütiges Ambient-Werk zu sein - aber ist "ankreiden" hier angebracht? Vom Konzept her trifft man bei der Platte in die Vollen, wenn man sich sowohl auf gesprochene, ruhige Passagen, als auch auf Emotionen schürenden Black Metal-Rausch einlassen kann und möchte. Ein Song wie "Winterkälte" zeigt uns, was Kronsteiner für grandiose Stücke in Sachen ungestümen Black Metals schaffen kann - die Ambient-Melancholie kommt vor allem bei "Im Wald" durch. Ein faszinierendes Werk, das aber -wie gesagt- noch Potential für viel mehr offenbart!

Band

  • In Dornen

Album Titel

  • Heimkehr

Erscheinungsdatum

  • 25.03.2022
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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