Dieses Mal in unserer Rubrik “Unter dem Radar”: Die junge Schweizer Combo Heathen Heretic, die uns auf der fünften Ausgabe des Black Hole Fests in Aarburg begegnete und begeistern konnte. Irgendwo im Kosmos von Black und Death Metal mit viel Ideenreichtum und melodischen Elementen stachen die fünf Musiker im eher klassischen Black Metal-Billing heraus - aber entpuppten sich als spannende Überraschung. Wir finden, dass der aufstrebenden Band mehr Aufmerksamkeit zuteil werden sollte.
Biographie
Aus der Taufe gehoben wurde das Projekt Heathen Heretic 2019 von Gitarrist und Sänger Styx und Drummer Nils. Schnell waren sie aber zu Viert unterwegs, nachdem sie ihre Bandkollegen Mischa und Beer im Netz und auf Live-Gigs kennenlernten und gemeinsam die ersten Songs schrieben - bevor im Herbst 2021 Sängerin Viola als fünftes Mitglied zur Band hinzustieß, erschien neben mehreren rein digital veröffentlichten Einzel-Songs auch das Debüt “The Blessing Of Fire And Darkness”, welches die Band als CD im Eigenvertrieb unter die Leute brachte.
Mit zwei Stimmen an den Vocals ging die Band gleich im Anschluss zu Werke und schmiedete nach und nach die 2023er EP “Heaven’s Damnation”, die wohl am besten den Status Quo des aktuellen Wirkens der Band widerspiegelt - die experimentierfreudige Blackened Death Metal-Formation aus Zürich fällt mit besonders variantenreichem Songwriting und ihrem frischen Wind auf, den sie ihrem Genre-Spinnennetz einhaucht. Zum ersten Mal live auf der Bühne standen Heathen Heretic außerdem im Januar 2022 auf der Winter-Edition des Meh Suff-Festivals, und zwar auch zum ersten Mal im heutigen Ensemble.
Wer mehr über die aufstrebende Band aus der Schweizer Hauptstadt erfahren will, kann sich auch einmal in unser Interview einlesen, für das uns kürzlich Viola und Styx einige Fragen beantworten konnten. Dieses findet ihr HIER.
Aktuell sind die nächsten geplanten Konzerte von Heathen Heretic im Oktober angesetzt: Am 5.10. ist die Band auf dem Metal Storm Over Luzern mit u.a. Bölzer, Primordial und Zeal & Ardor zu sehen, sowie auf dem von den Akteuren hinter der Band veranstalteten Heretic Fest, welches am 26.10. in seine dritte Edition geht und neben Heathen Heretic noch einige weitere Schweizer Underground-Formationen auf die Bühne des Kulturlokals Werkk in Baden im Nordwesten von Zürich holt.
Aktuelle Besetzung
Viola - Vocals, Akustikgitarre
Styx - Gitarre, Vocals
Nils - Drums
Mischa - Gitarre
Beer - Bass
Diskographie
2021 - The Blessing Of Fire And Darkness (Album)
2023 - Heaven's Damnation (EP)
Review zu "Heaven's Damnation"
Um die Stücke des jüngsten Releases des Quintetts zu charakterisieren, dürfte dem Hörer definitiv das Prädikat “besonders wandelbar” einfallen. Die vier Songs der EP “Heaven’s Damnation” schlagen dabei zudem in gnadenloser Kurzweil ein und es dürfte schnell klar werden, dass Heathen Heretic keine Songs kreieren wollen, die zu sehr nach einem anderen klingen.
Um ehrlich zu sein, tut genau das dem Sound von Heathen Heretic extrem gut und es wird ganz und gar nicht langweilig: Wer nämlich glaubt, dass die oftmals im Duett ertönenden Stimmen beider Akteure an den Vocals lediglich zwei Pendelausschläge machten und klischeehaft weiblichen Klargesang männlichen Reibeisen-Vocals entgegen stellten, ist schief gewickelt: Vielmehr fällt insbesondere die Sängerin mit einem großen Spektrum auf - so ist das rasante und mit seinen 3:20min verflucht kurz geratene “Deadly Sins” im Vergleich mit den anderen Pieces fast schon als Ausreißer zu benennen, bei dem ausschließlich Violas Growls für sich sprechen. Bei “The Void” und “Conquer for a Worthless God” hingegen präsentiert sich auch eine starke, unter die Haut gehende, klare Klangfarbe, die sich aber oft mit Growls ablöst. Allem beigemengt ist die Stimme von Gitarrist und dem kreativen Antrieb der Band, Styx.
Zugegeben - für Genre-Reiniger, die sich allzu sehr darüber echauffieren, wenn eine Band zwischen den Stühlen der diversen Metal-Stile hockt, dürften Heathen Heretic ein Dorn im Auge sein. Nicht, dass die Verknüpfung von Death Metal und Black Metal ein Problem wäre - aber vielleicht mögen es die höheren Stimmlagen sein, die im reinen Black Metal eher selten zu finden sind und gerne allzu schnell typische Gothic Metal-Assoziationen wecken - und damit eine Schublade öffnen, in die Heathen Heretic absolut nicht zu ordnen sind. Neues Material der Band bringt gar eine Akustikgitarre zum Einsatz.
Aber ist das schlimm? Geschmäcker sind bekanntlich verschieden - aber auch wenn eine Band mit dem Verknüpfen altbekannter Stilrichtungen keine klassischen Bilder mehr bedient, ist das Spiel mit diesen Stilblüten umso spannender. Außerdem sind Vocals und Instrumente auch nicht vollkommen anders, als dass man jetzt behaupten könnte, dass Heathen Heretic jenen Genre-Mix nicht gut vertreten würden.
Wie Titel wie “Sacrifice The Goat” oder auch der EP-Name selbst es schon vermuten lassen, ist das Sujet, welches Heathen Heretic behandeln, hingegen keineswegs exotisch, sondern schlägt genau in die Kerbe, in die auch zünftige Black Metal-Bands schlagen, die sich den Satanismus in ihre Stirn ritzen: Anrufung des Teufels, Bibelmetaphern - aber nicht ohne den sündhaften Menschen an den Pranger zu stellen und das religiöse Gift in den Köpfen derer zu thematisieren, die für ihren Glauben morden und in den Krieg ziehen.
On top ist es eigentlich bei einer Schweizer Band auch gar nicht verwunderlich, dass hier gleich mehrere Sprachen zum Einsatz kommen - nicht nur sieht man den italienischen Background von Teilen der Musiker an der Einleitung des eröffnenden Stücks, auch eine Prise Latein spendieren Heathen Heretic uns in selbigem Song - aber vor allem sollte hier “Conquer for a Worthless God” hervorgehoben werden, dessen lateinische Catchphrase “Vincere pro deo improbo” in direkter Übersetzung vor allem im Kopf hängen bleibt und gehörigen Ohrwurmcharakter beweist (zu diesem Song gibt es auch ein gelungenes Musikvideo). Die Quintessenz: Für all das Leid, das im Namen des Glaubens verursacht wurde und noch verursacht wird, kann man sich bloß als ketzerischer Streiter den Dogmatikern entgegenstellen.
01. Intro
02. Sacrifice The Goat
03. Deadly Sins
04. The Void
05. Conquer For A Worthless God