Traitor - Exiled To The Surface
Review

Traitor - Exiled To The Surface

Bevor man uns zum Vorwurf macht, dass wir eine besondere VÖ in diesem Jahr ausklammern würden, nehmen wir uns nochmal ausgiebig die neue Scheibe der Balinger Thrasher-Emporkömmlinge Traitor vor. Ihr neues Album “Exiled To The Surface” strotzt nämlich vor unbändiger Energie, reichlich Nerd-Futter und viel Kreativität!

  • von Haimaxia
  • 21.09.2022

Die Jungs liefern hier ihr bereits viertes Album und schon längst kann man ihnen nicht mehr attestieren, in den Kinderschuhen zu stecken oder sonstwie herumzuexperimentieren, um eine Linie zu finden: Nein, vielmehr servieren Traitor genau das, was man sich nach dem letzten hochgelobten Werk “Knee-Deep In The Dead” von 2018 für die Zukunft erhofft hat - und das ist ein hohes Niveau, in jedem Stück schweißtreibende Melodien und ein mitreißendes Naturell, dazu aber stets auch eine Prise Selbstironie. Und das muss man hier deutlich hervorheben: Traitor bedienen sich immer wieder Themen und Personen bzw. Figuren aus dem Science Fiction-Genre, Kinderserien, Videogames und Horrorfilmen und schmieden daraus Nostalgie-bewehrte, teils humorvolle, aber größtenteils als Hommage gedachte Stücke. Erschienen ist die Platte bereits am 8. Juli via Violent Creek Records.

So ist gleich der Titel-Song nach dem Intro “Rura Penthe” ein solcher Griff ins Star Trek-Franchise und ruft den Gefängnisplaneten gleichen Namens ins Gedächtnis, auf welchem ein derart unwirtliches und eisiges Klima herrscht, dass Gefangene zur Bestrafung “auf die Oberfläche verbannt” werden, was in der Welt von Gene Roddenberry einem Todesurteil gleichkommt. Aber auch mit dem Drachenfürst "Zordrak" aus der 90er-Zeichentrickserie “Der Traumstein” oder im Song “Metroid” über das gleichnamige Game-Franchise sieht man, dass die Band schlicht leidenschaftlich gerne liebgewonnenes Kulturgut aus Kindheit und Jugend in ihre Thrash-Passion einwebt. Und was läge näher, als emotionsgeladene Stoffe, mit denen man als Cineast, Gamer oder TV-Junkie groß geworden ist, aufzugreifen? Gerade diese Stücke schlagen da wohl auch am meisten ein - nicht zuletzt, weil die nostalgische Ader auch beim Hörer getroffen wird, natürlich.

Aber Spaß am Musikschaffen wird auch an anderer Stelle deutlich: Nicht nur hauen Traitor mit “Careless Whisper” ein George Michael-Cover-Stück heraus, das im positiven Sinne vollkommen Banane daherkommt (unbedingte Hörempfehlung, by the way! Im Finale wird auch das "dance again" durch "mosh again" ersetzt, so wie es sich gehört), sondern trumpfen auch mit “Total Thrash” mit einem Stück auf, das wie die destillierte Passion für den Thrash Metal daherkommt und zu einer starken Hymne wird, die mal eben als Standarte für das ganze Genre herhält. Nicht umsonst wurde der Song auch als Titelstück für die Thrash Metal-Doku mit gleichem Namen geschrieben, in denen Traitor auch als TM-Vorzeigeband der neuen Generation eine wichtige Rolle spielen (unser Review zur Doku lest ihr HIER) - und man darf auch noch erwähnen, dass niemand Geringeres als Mr. Tom Angelripper von Sodom höchst selbst hier auch noch Gast-Vocals spendiert hat. Machen wir es kurz: Ein geiler Song unter vielen anderen geilen Songs. Die Neuaufnahme von “Teutonic Storm”, welches bereits auf dem “Venomizer”-Album zu finden war, passt da natürlich auch als Verbeugung an alle Thrash-Größen der deutschen Szene wie die Faust aufs Auge.

Schneidend, schnell, schrill und ohne Ruhepausen preschen Traitor hier nach vorne und lassen auf musikalischer Ebene dabei keine Wünsche offen: Die zwei Gitarristen Gerd Hery und Matthias Koch zeigen sich so vielseitig, wie man es in der Thrash Metal-Backstreet eben sein kann, Drums, Bass und Vocals sind ähnlich stark. Und im Fazit darf man auch mal erwähnen, dass die Jungs es geschafft haben, dass jemand, der sich eigentlich eher im Black Metal-Sumpf verwurzelt hat, wieder richtig Bock auf Thrash Metal bekommen hat - und wenn das kein Ritterschlag ist, dass man mit seinen Songs nicht nur im Genre besticht, sondern auch noch Leute, die gar nicht mehr so viel Musik in dieser Richtung hören, hinter dem Ofen hervorlocken kann, dann wissen wir auch nicht. Wo Nostalgie, Spaß und rauschhafte Power verschmelzen, kann man nichts falsch machen.

Trackliste:

1. Rura Penthe (Intro)
2. Exiled To The Surface
3. Total Thrash (feat. Tom Angelripper)
4. 66 Exeter Street
5. Zordrak
6. Careless Whisper (George Michael Cover)
7. Teutonic Storm 2021
8. Metroid
9. Into The Nightosphere
10. Space Seed
11. Decade Of Revival (Traitor Part IV)

9
PUNKTE
Bewertung

Thrash hat ja seine Eigenheiten und Merkmale - in diesen heben sich Traitor jetzt nicht bis über alle Maßen hervor. "Exiled To The Surface" ist jedoch trotz der Tatsache, dass Thrash Metal irgendwie immer mit einem strengen Genre-Sakko daherzukommem scheint, ein unfassbar kreatives, kurzweiliges und vor allem spaßiges Album geworden. Und wenn man dann noch diese Nostalgie als Überbau hat, die mit vielen Songs der Truppe ausgelöst wird, ja, dann kann man das Kind in sich herauskehren, daraus Kraft schöpfen oder einfach nur Genießer sein.

Band

  • Traitor

Album Titel

  • Exiled To The Surface

Erscheinungsdatum

  • 08.07.2022
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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