Post Metal ist ob seiner viele Teilaspekte fassenden und experimentellen Fasson ein schwieriges und vor allem auch schwierig zu erklärendes Genre. Kommt man dann noch mit dem Szene-Begriff „Sludge“ daher, gerät man schnell in Erklärungsnot. Die Norweger Kraków bilden da keine Ausnahme.
Klanglich haben wir es tatsächlich mit dem eponymen „Schlamm“ zu tun, der herauskommt, wenn man Doom Metal, Stoner-Kram und ordentlich Noise zusammenrührt. Wenn man sich fragt, was die Band denn da nun eigentlich für Sounds zusammenschustert, beweist man lediglich, dass man noch einen halbwegs geordneten Geist besitzt.
Gegründet 2005 besteht die Band aus einflussreichen und talentierten Musikern der norwegischen Metalszene, die allesamt bei unterschiedlichen, anderen Metalbands des Landes Erfahrung gesammelt haben: Drummer Ask beispielsweise knüppelt sich nebenher bei Kampfar durch, Gitarrist und Vokalist Frode Kilvik steht bei Aeternus und Viðr auf der Bühne. Aus dem Kader des eigentlich eher Black Metal-dominierten Label Dark Essence Records, das auch Größen wie Taake und Helheim beheimatet, ist Kraków aber keineswegs wie ein Genre-fremdes Kuckuckskind zu behandeln – nicht nur, weil die Truppe ebenso aus der finsteren Hordaland-Fylke stammt, genau wie die genannten zwei Bands, sondern weil die düstere Atmosphäre, in die die Band gerne ihre Musik taucht, nur allzu deutlich spürbar ist und ein schwarzmetallener Touch allgegenwärtig ist.
Nach zwei EPs erschien das Debüt "Monolith" der Norweger 2009, worauf eine Split-VÖ mit der Band Resonaut folgte. Eine größere Aufmerksamkeit erhielt die Band durch die zwei Werke "Diin" und "Amaran" - um letzteres soll es auch in unserem Review weiter unten gehen. Zuletzt erschien die Band 2018 auf der Bildfläche, als ihr jüngstes Werk "Minus" erschien. Nachdem es nach dem Album etwas stiller war, kündigte die Band im September 2019 via Facebook an, die Band nach 15 Jahren unermüdlichen Werkens erstmal in den Winterschlaf zu versetzen - auch wenn explizit gesagt wurde, dass dies nicht das Ende von Kraków bedeuten müsse. Im Zuge der Entwicklungen der vergangenen Jahre gab es aber nur Lebenszeichen der Bandmitglieder in Form ihres Mitwirkens in anderen Projekten.
Aktuelle Besetzung
Eld - Vocals, Bass
Kjartan Grønhaug - Guitars
René Misje - Vocals, Guitars
Rune Nesse - Drums
Diskographie
2006 - Dusty Roads (EP)
2008 - Кядкфщ (EP)
2009 - Monolith (Album)
2011 - Molten Planet/Drifter (Split w/ Resonaut)
2012 - Diin (Album)
2015 - Amaran (Album)
2015 - Genesis (EP)
2017 - Alive (Live)
2018 - Minus (Album)
Review zu "Amaran"
Gleichwohl erkunden die Bergener im Gegensatz zum 2012er Vorgänger "Diin“ einen ruhigeren Aspekt ihres Soundschaffens auf der 2015er Platte. Folgt man den Kommentaren der Kombo selbst, so ist "Amaran“ 'eine Reise, keine einfache, aber eine endlos spannende'. Und ob diese Reise bemerkenswert oder eher ohne Signifikanz ist, das ist die Frage, die wir klären wollen.
Post Metal – da weiß man ja eigentlich, was man kriegt: Virtuoses Spielen mit Laut und Leise, progressiver Sound, mal wie ein reißender Strom, mal wirklich eher ruhig, wie betäubt, doch gleichzeitig von betäubender Wirkung. Das eröffnende „Luminauts“ beginnt auch eher schläfrig und bäumt sich nach und nach mehr in Tempo und Härte auf, wird aber bestimmt von vielen Wechseln und ist von nie gleich bleibender und vor allem unvorhersehbarer Struktur in Dynamik und Aufbau. Das folgende „Atom“ ist da wieder weniger dicht gestrickt und hat beinahe etwas von den Genre-Göttern Kyuss gekostet, bevor dann wieder verzerrte Gitarrenwände und „noisy“-Wellen losbrechen, die aber nur ganz kurz ihre Kraft beibehalten. Dazu ist es beinahe gähnend langsam nach dem Opener, aber schön schaurig. Ein solches Auf und Ab in Geschwindigkeit und Schlagkraft ist ja schon das Markenzeichen von Kraków geworden, wenn nicht gar des ganzen Genres. Ob es sich nun wie hier verhält, als falle ein kraftvoll geschleuderter Speer vom Himmel und hielte im Flug plötzlich an, oder wie ein dissonantes und wirres, in seiner nackten Natur eigentlich unerträglich abstoßend vorpreschendes „Genesis“. Dieses wirkt in seiner kaputten Art wie eine herausgesprungene Scherbe eines einstmals ganzen Songs, die dann abgelöst wird von dem verbittert gedämpften „Vitriol“ (das nebenbei gesagt nach einer zugedröhnten Version vom Isis-Klassiker „40 Minutes-40 Years“ klingt).
Die Herrschaften zocken ihren gewöhnungsbedürftigen und stellenweise seltsam neu anmutenden Sound meisterhaft und gehen ihm nach wie einer zwanglosen, aber komplexen Betätigung, bei der rauschhafter Spaß im Vordergrund steht. Krakóws bassgeschwängerter Sound gräbt tiefe Löcher durch das Hirn, das wird nur allzu deutlich spürbar beim von Drone-Anleihen nur so zerfressenen „Of Earth“, bei dem in bester Sunn O)))-Manier eine unheimlich massive, durchlöcherte Konstrukt-Orgie durch die Boxen gejagt wird, für die man kaum Worte findet. Ein heftiges akustisches Gut.
"Amaran“ endet schlussendlich mit „Ten Silent Circles“, das ungleich melodiöser beginnt als bei irgendeiner anderen Stelle auf dem Rest des Albums zuvor. Die stimmliche und gesangliche Vielschichtigkeit beider Sänger, Misje und Kilvik, wird exzellent in Szene gesetzt, schaffen die beiden hier noch einmal ein unglaubliches Duett aus Screaming und hellem, cleanem Gesang (für den vornehmlich Ersterer zuständig ist), das ihrer Platte ein stilles, dafür kunstvoll-ruhiges Ende verpasst.
01. Luminauts
02. Atom
03. Genesis
04. Vitriol
05. Pendulum
06. Of Earth
07. Ten Silent Circles