Hadopelagyal - Nereidean Seismic End
Review

Hadopelagyal - Nereidean Seismic End

Einen gehörigen, finsteren Trip gefällig? Das Leipziger Projekt Hadopelagyal hat mit seinem Debüt "Nereidean Seismic End" einen schwer zu schluckenden Brocken finsterster Klangkunst geschmiedet. Nach einer Demo und zwei Splits ist das Erstlingswerk eine zünftige Ansage - ein okkultes Manifest in Sachen Black/Death.

  • von Haimaxia
  • 14.11.2022

Die Platte startet nach kurzem Noise-Intro in das brachiale "Depravity Shall Triumph", dessen Postulat gleich zum Einstand ordentlich brachial daherkommt und reinknallt. Die aggressive und eindringliche Couleur der Vocals von Frontfrau Hekla lässt direkt gleichsam einen Schauer über den Rücken laufen und man fühlt sich wie am Stuhl fixiert. Was ebenfalls direkt auffällt, ist die leichte LoFi-Note des ansonsten eher minimalistischen, aber abwechslungsreichen und niederwalzenden Klanggemenges - erst befremdlich, doch man findet sich zügig im Sturm bloß aus dem affektiven, bohrenden und nicht selten übersteuerten Gesang, der alles dominierenden Gitarre und den ballernden Drums zurecht.

Natürlich hängt einer Aufnahme wie "Nereidean Seismic End" ein gewisser chaotischer Missklang nach, der nicht jedem schmecken möchte, selbst wenn man sonst auf gnadenloses Geballer steht - damit ist der bereits angesprochene, auf dumpfe Aufnahme gemünzte Low Fidelity-Charakter gemeint, der für die einen charmant und in dieser Sparte der Musik geradezu ersehnt ist, für andere womöglich eher abschreckend. Wer auf omnipräsentes Blastbeat-Gewitter, schneidendes Tremolo-Picking in den Gitarren und eine okkulte Atmo steht, ist hier aber gut beraten. Vor allem eines ist hier beeindruckend: Was bloß zwei Musiker -lediglich mit dem Schlagzeug und der Gitarre bewaffnet- hier kreieren, ist atemberaubend. "Intertidal Terrorrealm" und "The Morning Carried A Feeble Sun, A Solitary Sphere Of Embers" überraschen nach dem Opener nicht (höchstens mit einem zunächst befremdlichen, aber gut passen wollenden Einsatz von seichten Cowbell-Drumsounds), aber tunken den Hörer immer tiefer in den Abgrund mit ihrem unermüdlichen Pacing. 

Hadopelagyal, deren Name sich auf die Abgründe des Meeres und Tiefseezonen bezieht, wissen mit ihrem unerbittlichen Duktus all denen zu gefallen, die mit zünftigem, dichtem Black/Death à la Antediluvian oder Classics wie Archgoat oder Profanatica etwas anfangen können - aber auf der Ebene der Vocals will abseits von Onielar (DNS, Bethlehem) kein guter Vergleich einfallen, und selbst der wirkt zu banal, zu naheliegend. Wer die Band bereits live erlebt hat, weiß jedenfalls um die einzigartige, okkulte und bedrückende Atmosphäre, welche die zwei Musiker hervorrufen. Die nautische Thematik, die im Konzept steckt, zeigt sich sonst in einer tiefen Verbindung zur griechischen Mythologie: So bezieht sich der Albumname auf die Meeresnymphen, die Nereiden, und auch sonst scheinen jegliche weitere Motive in den schwer verständlichen Lyrics, aber zumindest in der Metaphorik der Songtitel verschlüsselt, aber vorhanden. Auch der griechische Titel "ἄπειρος καὶ ἐρῆμος ἐστιν ἡ θάλασσα" (zu deutsch etwa: "Unendlich und trostlos ist das Meer") beschwört diese Szenerie herauf.

DAS Highlight der Platte ist wohl Track Nummer 4, "Blades Drawn From The Iron Marrow Of The Sunken Dead", welches von Beginn an mit seinen fauchenden, animierenden Vocals und seinem Hightempo-Naturell bannt, später etwas gemacher daherkommt und mit seinem Gitarren-Taumelspiel heraussticht. Später wird ein Ambiente heraufbeschworen, das tatsächlich wie bei einer Tauchfahrt aus oder in die größte Tiefe des Ozeans daherkommt. Natürlich ist das Songwriting itself nicht so reich an Variation und weniger vielschichtig, wenn man die Songs miteinander abgleicht - aber hier zählt wie so oft mehr das Gesamt-Arrangement des kompletten Albums, und in diesem Kontext des minimalistischen, kalten und bedrückenden Song-Konzepts wäre es zynisch, mehr Melodie, mehr Konvention und mehr "Normalität" in Sachen Musik zu erwarten.

So bleibt final bloß noch hervorzuheben, wie uns die Platte nach mehrmaligem Hören derart verfolgt, dass es einen sprachlos macht. 

Trackliste:

1. Depravity Shall Triumph
2. Intertidal Terrorrealm
3. The Morning Carried a Feeble Sun, a Solitary Sphere of Embers
4. Blades Drawn From the Iron Marrow of the Sunken Dead
5. In Dragging Incandescence
6. Pitiless Stars in the Clasp of Putrefaction
7. ἄπειρος καὶ ἐρῆμος ἐστιν ἡ θάλασσα

10
PUNKTE
Bewertung

Black/Death in unerbittlichem Rohzustand geliefert - das macht die dissonante Hypnose von Hadopelagyal aus. Mit "Nereidean Seismic End" ist ihnen ein nicht bloß starkes Debüt gelungen, die Band schafft es -auch wenn es vergleichbare Klänge bei anderen Truppen gibt- etwas originär Eigenes zu schaffen. Auch andere Projekte der Musiker seien an dieser Stelle empfohlen - darunter u.a. Necropolissebeht, Pale Spektre, Augur und Lihhamon. Ván Records und Amor Fati haben hier eine ungeschliffene, stellenweise gewollt unschöne, doch in ihrem Wert unermessliche Perle in ihren Reihen. Und um den Opener zu zitieren: Verdorbenheit möge triumphieren!

Band

  • Hadopelagyal

Album Titel

  • Nereidean Seismic End

Erscheinungsdatum

  • 19.09.2022
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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