Nachdem die Jahre 2020 und 2021 der nicht enden wollenden „Grippe On Steroids“ zum Opfer fielen, war es im Jahr 2022 endlich wieder soweit und im beschaulichen Friesack konnte das Under The Black Sun Festival wieder stattfinden. Ein UTBS „light“ gab es bereits in Form des 30-jährigen Geburtstags von Folter Records im September 2021 an selbiger Location – und trotzdem waren die Dimensionen des Label-Events vergangenes Jahr nicht denen der letzten Jahre UTBS ebenbürtig.
Tag 1
Nach langer Anreise aus NRW und Baden-Württemberg war Friesack am Donnerstag, im Gegensatz zum Rest der Republik, von Kaiserwetter gesegnet. Während aus dem Westen Nachrichten über Gewitter und Starkregen eintrudelten, konnte man im Havelland nur darüber meckern, dass die Sonne noch ein wenig stabiler schien als sonst oder dass der Staub durch die Brandenburger Hochebene gewirbelt wurde. 30 Grad im Schatten, dazu dann noch ein laues Lüftchen und es ließ sich zum späteren Abend durchaus aushalten. Wenig Beschwerden kamen auch von den örtlichen Gastronecronomen, die neben verschiedenen Sorten Bier auch eine kleine Auswahl an Longdrinks wie Mojito, Sex On The Beach oder eine nicht näher definierbare Rhabarber-Vanille-Mischung ausgaben.
Das Abschreiten des restlichen Geländes war relativ schnell abgeschlossen und neben den Fressbuden gab es auch noch einige Merchstände und etwas Verwirrung: Neben dem offiziellen Merchstand, an dem abseits der Bandprodukte auch das diesjährige UTBS-Apparel angeboten wurde, waren alle anderen Stände aus nicht näher genannten Gründen geschlossen und sollten erst ab Freitag öffnen. Was auf jeden Fall ein optisches Upgrade erhalten hat, war die Bühne, welche mit dem Fesstivallogo und einem Titelbanner des Events ausgestattet wurde - zudem gab es diesmal auch im Bereich vor der Bühne eine kleine Absperrung, damit keine Besucher mehr wie bei Whiskey Ritual 2021 auf den Monitoren hängen.
So fand man sich an Tag 1 zu Musik und Bierschau ein und es wurde Zeit, sich zum Opener Moribund Oblivion vor die Bühne zu begeben: Die vier Jungs aus Istanbul sind bereits seit 1999 unterwegs und wissen auch einen ersten Slot auf einem Festival würdig zu nutzen. Trotzdem wollte zunächst der Funke nicht so richtig überspringen, was womöglich auch an der Hitze gelegen haben mag. Im Laufe des Gigs füllte sich der Bereich vor der Bühne dennoch merklich. Präsentiert wurde u.a. Material des 2020er Outputs „Endless“ - doch auch ältere Stücke wurden gespielt. Frontmann Bahadır Uludağlar ist definitiv eine Instanz auf der Bühne, die man live gesehen haben muss: Inbrünstig, motiviert- da blieb definitiv ein positiver Eindruck zurück und die Jungs stellten unter Beweis, dass zünftige, dunkle Musik Made in Türkiye sich nicht zu verstecken braucht!
Satan Worship, die auch bereits beim 30-jährigen Jubiläum von Folter Records zugegen waren, versammelten eine große Meute von Anhängern blankgeschabten Black'n'Rolls vor der Bühne – promotet wurde nach wie vor die Platte „Teufelssprache“ von 2020, unter dessen Standarte einige Songs gespielt wurden. Mittlerweile einem größeren Publikum bekannt ist die Combo um den brasilianisch-deutschen Musiker Leatherface (Vocals/Bass) in Sachen schweißtreibenden Speed Black Metals eine Instanz des Labels geworden. Diesmal hatten die Jungs aus Berlin auch endlich den starken Song „La Catedral“ in der Setlist. Zudem widmeten sie erneut den Song „Satanic Werewolves“ einem verstorbenen Kameraden aus der südamerikanischen Heimat und stellten sogar mit „Dahmer's Freezer“ einen neuen Song vor. Als Zugabe coverte man sich selbst mit „Gift of Death“, einem Stück des Projekts Hellkommander des Frontmanns, based in Rio de Janeiro. Furioser Scheiß!
Darkestrah markierte einen ersten Höhepunkt. Das Projekt aus Kirgisistan um den vielseitigen Musiker Asbath, wurde erst kürzlich um die Iraner Lord Magus Faustoos an den traditionellen Instrumenten und die durch Mark und Bein gehenden Vocals von Charuk Revan erweitert, beide bekannt von Mogh, Beaten Victoriouses, Nashmeh und Paganland. Sechs Musiker füllten die Bühne, welche mit einem Schrein von Tierschädeln verziert war – was folgte, war ein Cocktail aus Black Metal-Kaskaden, gepaart mit akustischen Percussion-Instrumenten, Hornstößen und einem trancehaften Rausch der Performer. Wer die Dame am Mikro bereits von ihren anderen Projekten kennt, ist vertraut mit ihren Vocals, die wie ein Mühlstein ihre Hörerschaft zerreiben und gehörig in den Bann ziehen. Gemeinsam wurde 2021 die EP „Chong Aryk“ auf den Weg gebracht – und man möchte fast sagen, dass es unserem Team ein Rätsel ist, wie die Band zuvor ohne die beiden Ausnahmemusiker ausgekommen ist. Klar – man müsste tief in die Musik von Darkestrah eintauchen, um ein Bild der Zeit vor 2019 zu bekommen, welche ohne Zweifel ähnlich facetten- und abwechslungsreich wie jetzt gewesen sein muss. Dennoch ist das Bild, das die Band jetzt auf der Bühne abgibt, trotz des überbordenden Instrumenten-Bombasts, schlicht beeindruckend. Leider kamen manche Klänge davon nicht ausreichend zur Geltung, wie etwa das große tibetische Horn, das Tausendsassa Mogh bediente.
Darkmoon Warrior lieferten im Folgenden ab, wie gewohnt und schnörkellos – nachdem Frontmann Atom Krieg (auf der Bühne ein echtes Tier und mit einer unfassbaren Präsenz) und seine Kumpanen ihre Bühnendeko mit Kreissägen, rostigen Ketten, blutverschmierten Tierschädeln und Stacheldraht auf die Stage getragen hatten. Das Set startete mit dem Smasher „Thermonuclear Predator“ und es gab keine Überraschungen und keine Gefangenen. Nicht umsonst genießen Darkmoon Warrior ja richtigen Kultstatus: Schon bei der Ausgabe des UTBS 2017 (als das Festival ausgerechnet zum Auftakt in neuer Location in sintflutartigen Regenfällen absoff) machte es ungeheuren Spaß der Band zuzusehen. Die "Fuck off"-Attitüde wurde diesmal nicht als Opener, sondern als finaler Song zum Besten gegeben. Über "This is Blackmetal", „Prayer of Genocide“ bis „Nostradamic Visions“ war im Set alles dabei. Wer uns auf Youtube folgt, wird ohnehin sehen, dass Darkmoon Warriors „Satanification“ eines der meistgeklickten Videos in unserem Portfolio ist, und auch die Präsentation einige Jahre später konnte überzeugen. Steril, mitunter plakativ und selbstironisch, beachtlich und brachial – doch immer wieder gut!
Die Finnen ...And Oceans schlossen nach den furiosen Demonical den ersten Festivaltag. Nachdem man sich 2019 vom alten Frontmann trennte, übernahm auf der jüngsten Platte „Cosmic World Mother“ von 2020 Mathias Lillmåns (u.a. Frontmann von Finntroll, Dispyt) das Amt. Unser Team sah die Band erst 2019 auf dem Howls of Winter in Tallinn, Estland in altem Ensemble. Die Truppe präsentierte einen umfassenden und starken Überblick über ihre Diskographie, vom 1999er „The Black Vagabond and the Swan of Two Heads“ auf dem Album „The Symmetry of I, the Circle of O“ oder „White Synthetic Noise“ vom 2001er „A.M.G.O.D.“ bis zu den neuen Stücken - ...And Oceans lieferten eine atmosphärische und hypnotisierende Show. Was einen leicht bitteren Nachgeschmack hinterließ, war das rigorose und übereifrige Vorgehen der Securities, die einige Leute aus der Menge fischten, die sich etwas mehr von der Musik haben mitreißen lassen. Etwas Moshpit dürfte wohl selbst im Black Metal-Raum erlaubt sein und es ist halt nicht Florian Silbereisen sondern Florett aufs Fressbrett - gleichzeitig konnten wir in der Menge auch nicht den vollen Überblick über die Situation haben. Die Laune wurde deswegen jedenfalls nicht gedämpft und der erste Tag endete glorreich und zu unser vollsten Zufriedenheit.
Tag 2
Begann der Festivalfreitag noch mit bewölktem Himmel und hatte man zuvor bereits von "nicht so berauschendem Wetter" geraunt, kam es, wie es kommen musste: Ein kleiner Streifen des Havellandes erlebte ordentlichen Niederschlag und es kühlte merklich ab. Einige Blitze durchzuckten mittags den merklich düsteren Himmel und so mancher musste kurzzeitig in sein Auto fliehen.
Pünktlich zum Programmbeginn hingegen wurde es wieder trocken und freundlicher, als hätte man das Wetter genau so bestellt. Den Auftakt des 2. Tages machten die Berliner Iron Kindl Pest, die mit ihrem angeschwärzten Testosteron-Speed/Thrash-Mix schon um 14 Uhr eine beachtliche Menschenmenge vor die Bühne lockten. Ihr 2020er "Lords of the Bottle" scheint einen gehörigen Kultstatus zu genießen - und das als Debüt-Album! In charmantem Berliner Sprech führten die Musiker durch ihre kurze Show und heizten den Besuchern des UTBS ordentlich ein.
Ein weit größeres erstes Highlight markierten die Rumänen Sur Austru, die nur in halber Mannschaft nach Friesack gereist waren, da einige aus dem Ensemble an Covid19 erkrankt sind - eigentlich fährt die Gruppe, die neben Dordeduh aus der Asche von Negura Bunget hervorgegangen ist, einiges an traditionellen Instrumenten auf. Diesmal gab es nur einen Auftritt von drei Musikern und einige Einspieler vom Band - und trotzdem hatte Frontmann Tibor Kati mit seiner eindringlichen, beschwörerischen Mimik und Gestik das Publikum voll in seinem Bann. Über das eröffnende "De dincolo de munte" des Debüts "Meteahna timpurilor" bis hin zu Stücken des 2021er Werks "Obârșie" war das Black Metal-Theaterstück mit traditionellen Masken und Trompeten, Schlagbrett und anderen Blasinstrumenten perfekt.
Goath fuhren im Nachgang ein ordentliches Artilleriefeuer auf und legten mit ihrem Geballer die Besucherschaft unter den Mühlstein. "Retaliation" vom Debüt-Album "Luciferian Goath Ritual" war definitiv ein Highlight der furiosen Show, die ansonsten zwischen verrohtem Black/Death Metal (Frontmann Goathammer erinnerte in seinem Auftreten doch stark an Blasphemy's Nocturnal Grave Desecrator) keine Überraschungen bot. Solider Auftritt.
Als Nachschlag fuhren Total Hate in ähnlicher Besetzung wie bereits Goath zuvor auf. Adrastos wechselte vom Bass ans Mic und Goathammer warf seine volle Aufmerksamkeit auf das Gitarrenspiel. Dazu wurden die zuvor noch drei Jungs von Goath von einem weiteren Gitarristen und einem Bassisten unterstützt. Total Hate überzeugten trotz roher und aggressiver, überraschungsloser Attitüde auf ganzer Linie mit ihrem Black Metal der alten Schule - ein besonderes Highlight ihres Gigs war ein Cover der Norweger Urgehal, das im Gedenken an den verstorbenen Trondr Nefas gespielt wurde. "Dødsmarsj til Helvete" vom 2006 erschienenen Album "Goatcraft Torment" muss definitiv hervorgehoben werden. Alles in allem ein sehr gelungener Auftritt, der nach dem Goath-Geballer mehr in Erinnerung bleiben wird!
Die Polen Deus Mortem, die erst Anfang Juni als Ersatz für Nornír angekündigt wurden, versammelten ein Gros der Festivalbesucher vor der Bühne. Die Truppe um Frontmann Marek "Necrosodom" Lechowski genießt mit seinen schneidenden und eindringlichen Vocals einen beinahe legendären Status, obwohl sie erst nächstes Jahr ihr 15-jähriges Jubiläum feiern und es durchaus Bands gibt, deren Erfahrungsschatz größer ist. Los ging das Set mit dem 2019er "The Seeker" vom Album "Kosmocide" - "Nod" und "Remorseless Beast" markierten weitere Highlights. Das sägende "Destroyer, Destroyer - set the cosmos on fire"-Fanal beendete den beeindruckenden Gig der talentierten Musiker. Die Erwartungen waren hoch nach der Ankündigung - und sie wurden definitiv erfüllt!
Sarkrista wurden schon seit Bestätigung als geheimer Festival-Favorit gehandelt - auch unser Team ist im Grunde immer begeistert gewesen, was die Projekte von der Vocal-Instanz Revenant anbetrifft. Beim diesjährigen UTBS blieben die Schleswig-Holsteiner, zu deren Ensemble erst dieses Jahr auch Bassistin Reineke (ex-Nornír) hinzukam, leider etwas hinter den Erwartungen zurück. Ob es daran lag, dass man nicht die gewohnte Spielfreude und Motivation mitbrachte, ob die Songs, insbesondere am Anfang, etwas zerbrochen wirkten - wir wissen es nicht so recht. Natürlich fabrizierten die Musiker keinen Bullshit auf der Bühne: "Psalms of Impious Malice" vom 2021er Split mit Délétère kommt auf der Platte als furioser, beeindruckender Opener der Sarkrista-Hälfte daher, aber der Gesamteindruck war blass. Andere Klassiker, die dargeboten wurden, blieben da eher im Gedächtnis, auch wenn man die Band schonmal mit mehr Elan und Verve erlebt hat.
Nach dem Auftritt von Endezzma, der "Supergroup" aus Norwegen, gab es mit Ancient Rites ein paar Urgesteine (wenn man sie so nennen darf) auf der Bühne zu erleben, deren Wurzeln bis 1988 zurückreichen. Die Belgier aus Diest um Frontmann Gunther Theys haben zahlreiche Änderungen in ihrem Ensemble über all die Jahre zu verzeichnen, aber mit dem Tod von Drummer Walter van Cortenberg vergangenes Jahr ist von der Besetzung aus Anfangstagen im Prinzip nur noch der Mann an den Vocals übrig. Dem verstorbenen Kollegen wurden auch direkt einige Stücke gewidmet und Sänger Theys betonte, dass er stolz und glücklich wäre, dass mit seinem Tod der Name Ancient Rites nicht mit zu Grabe getragen wird. Einen gewissen Kultstatus kann man den Belgiern nicht absprechen - gleich, als sie ankündigten weiter live aufzutreten, hätten sie, so der Mann am Mikro, viele Anfragen für Gigs und Festivals erhalten, bloß keine aus ihrer Heimat. Man merkte aber auch, dass der Spirit der Band zwar vorhanden war und dass die Jungs richtig Bock hatten, ihre alten Classics hervorzukramen (da wären z.B. der Song "Longing for the Ancient Kingdom" oder der Opener ihrer ersten Demo "Eternal Blasphemy" zu nennen), aber alles wirkte auch sehr unsauber und unstrukturiet. Für viele im Publikum schien das aber keine große Rolle zu spielen. Wie Theys während des Gigs sagte, "we stand together, Underground forever". Zudem lobte er das UTBS noch, weil es hier keine Festival-Touristen gebe, nur passionierte, echte Anhänger der Musik. Wo er Recht hat, hat er Recht! Wer Menschen mit Pikachu-Kostüm haben will, die Deichkind hören, während sie Trichtersaufen betreiben, möge sich nach Itzehoe oder Dinkelsbühl verfrachten.
Im Anschluss daran gaben sich die Polen von Mgła die Ehre. Der Auftritt, der von vielen herbeigesehnt wurde, hatte es durchaus in sich. Vor der Bühne war kaum noch ein Plätzchen frei - ein Anblick, der den Kultstatus, den man der Kombo aus Krakau attestieren kann, durchaus untermauerte. Die Mannen um Mikołaj Żentara lieferten auch diesmal wieder die gewohnte Qualität und spielten natürlich auch die "Klassiker" vom fulminanten 2015er Album "Exercises in Futility", auch wenn ausgerechnet "EIF VI" fehlte. Dem Einen oder Anderen mag die Live-Show von Mgła zu steril sein oder auch zu "uninspiriert", da auf der Bühne neben der Lichtshow nicht viel passiert - aber dennoch können sie die Massen jedes Mal begeistern. Einziger Wermutstropfen des Auftritts war der Ausfall einer Sicherung, der zumindest für kurze Zeit die Atmosphäre zum Stillstand brachte. Die Band selbst ließ sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen und spielte ihren Song dann erst einmal in einer notgedrungenen Akustik-Variante zu Ende. So geht Professionalität! Alles in allem wieder ein runder Auftritt, der den Abend, zumindest für uns, lohnenswert ausklingen ließ, auch wenn sich kritische bis negative Stimmen um den Hype der Polen zu mehren scheinen.
Wem das alles noch nicht genug war, der konnte sich im Nachgang noch den finalen Entry des Tages, In Twilight's Embrace, ansehen, die ihr aktuelles Werk "Lifeblood" vorstellten. Für alle anderen ging es an den Bierstand auf dem Campground oder man begab sich zum Schlaf der Gerechten.
Tag 3
Der Samstag des Festivals startete in etwa wie der Donnerstag und von der Kühle und Feuchtigkeit des Vortages war praktisch nichts mehr übrig. Der Planet drückte bereits ab 8 Uhr unbarmherzig vom Himmel und trieb so manchen aus dem Zelt bzw. dem Auto in die Arme der ersten Hopfenkaltschalen.
Die Ehre den letzten Tag zu eröffnen wurde der italienisch-niederländischen Truppe von Liber Null zuteil, die unter diesen schwierigen Bedingungen ihr Bestes gaben, die kleine Gruppe, die sich vor der Stage eingefunden hatte, zu begeistern. Ein Großteil der Besucher hielt sich eher am Rand des Geländes vor den Baumreihen oder neben dem Sound auf, um der Sonne zu entgehen. Die Band mit Multigenie Gionata Potenti (Darvaza, Frostmoon Eclipse, Chaos Evocation etc.) an der Artillerie und Sänger Psaalm (ebf. Frostmoon Eclipse) spielten ein gemixtes Set aus dem Debüt „I - The Serpent“ (aus dessen Portfolio sie den Titelsong spielten, der mit seinen starken Lyrics und dem „Ave, Lucifer“-Schrei ordentlich überzeugte) und dem aktuellen Output „For Whom Is The Night“, das erst eine Woche vorher über Immortal Frost Productions erschienen ist. Die Band lieferte einen starken Auftakt – vor allem mit Songs wie „Nocturnal Craft“ oder „Mercy as a Blade“ waren sich alle Umstehenden einig, dass dieser Start in den Tag mehr als gelungen war!
Die Niederländer Lucifericon waren im Nachgang mit ihrem angeschwärzten Death Metal-Geschütz am Start und lieferten eine furiose, doch wenig mitreißende Show. Die Heavy Metal-Attitüde, die die Hörerschaft aus ihren Songs anspringt, machte aber durchaus Freude. Unter anderem wurden Songs von ihrer 2016er EP „Brimstone Altar“ und ihrem Full-Length-Debüt „Al-Khem-Me“ von 2018 präsentiert – und hier sind definitiv interessante Musiker am Werk! Frontmann Rob Reijnders arbeitete u.a. mit Deströyer 666, während die anderen Musiker teils mit den Holländern Pentacle und Malicious Dream verbandelt sind. Ein solider Eintrag in der Bandliste des UTBS, doch eher blass im Vergleich zum Opener.
Bei Frostmoon Eclipse waren neben Gitarrist Ades noch einmal die gleichen Musiker wie bei Liber Null auf der Bühne - Claudio Alcara kam an der Gitarre dazu, das Corpsepaint wurde abgelegt, und man präsentierte nun den weit melodischeren Black Metal-Sound des anderen Projekts. Highlights waren definitiv "A Room, A Grave" vom 2019er "Worse Weather To Come" und die Stücke der neuen EP "Rustworn", welche erst im März dieses Jahres erschien. Die italienische Truppe scheint ebenfalls eine große Fanbase zu haben, auch wenn der Stil von Frostmoon Eclipse neben den weit roheren Einträgen des Tages eher herausfällt.
Im Anschluss betraten Odium Humani Generis die Bühne und gaben richtig Gas, gerade dem Frontmann Adam Bialłkowski merkte man an, wieviel Herzblut hinter dem Projekt stehen muss, so inbrünstig gab er sich an den Vocals. Das der Sommerhitze trotzende Publikum würdigte den Auftritt der Viererkombo aus dem polnische Lodz gebührend. Mit großen Ansagen wurde sich auch nicht aufgehalten und feiner Uptempo-Black Metal schallte über das Infield. Insgesamt ein sehr feiner Auftritt und eine interessante Neuentdeckung.
Illum Adora fielen mit ihrem chaotischen Black Metal-Rausch und nicht nur mit ihrer kaputten Show auf: Alle Musiker vermummt, ein paar okkulte Gegenstände wie Schädel, Kandelaber und reichlich Kerzen auf die Bühne gestellt, die Fick dich-Attitüde ausgepackt und reichlich Mittelfinger gen Himmel und Publikum gestreckt - und schon konnte der Geheimtipp um Frontmann Hurricane Hellfukker aus dem Hause Folter Records loslegen. Schon vergangenes Jahr auf dem Labeljubiläum irritierte der rastlos auf der Bühne umherwandernde Fronter mit den Rattenkadavern, die er sich an den Gürtel hängte und die er irgendwann ins Publikum schleuderte - wortwörtlich den Tod mit auf die Stage zu bringen, mag manchen negativ auffallen, hier passte es verrückterweise zum Leck mich-Lifestyle und zur übertriebenen, plakativen Zurschaustellung rohen Black Metals. Man startete mit "Profanation on Command" ins Set - und schnell mischten sich die umgestürzten Kerzen und Kerzenwachs, Tierkadaver, reichlich verschüttetes Wasser und Blut und Schweiß auf dem Bühnenboden. Präsentiert wurde die neue EP "Miasma Of A Damned Soul", welche pünktlich zum Festival am 01. Juli erschien und von der mit dem Titelsong und dem Zemial-Cover "Sleeping Under Tartarus" gleich zwei Stücke gespielt wurden. Unbequem? Vielleicht. Aber 100% Hochspannung!
Die Polen Arkona lockten nicht weniger Publikum vor die Stage - schon ihr 2019er Album "Age of Capricorn", dessen Titelsong gespielt wurde, fuhr großflächig positive Kritikerstimmen ein. Und die dichte Atmosphäre, der trancehafte Zustand, in den sie ihr Publikum entführen können, die ausufernden Instrumental-Parts in den Songs - all das sorgte für einen besonderen, einlullenden Klangteppich. Auch von dem 2020er Arkona / Szron-Split gab es mit "Zrodzony z Ognia i Lodu" ein neueres Stück zu hören. In ihrer Heimat genießen Arkona, die bereits seit den frühen 90ern unterwegs sind, zurecht Kultstatus und Frontmann Khorzon gehört zur Elite in Sachen BM aus dem Woiwodland. Immer wieder gern.
Im Team wurde heiß diskutiert, wer die Headliner der Herzen des diesjährigen UTBS waren. Für einen Teil des Teams (okay, eigentlich nur Grave) waren Whiskey Ritual nicht nur der Headliner, sondern nach über fünf Jahren persönlicher Live-Abstinenz praktisch DIE Band des Festivals. Die fünf Italiener aus Parma hatten für die enthusiastische Meute ein paar Klassiker, aber auch einen neuen Song namens "Trve Escort" mit im Gepäck, der sich auf der im Oktober erscheinenden neuen Langrille befinden wird. Mit einer (wie erwartet) energiegeladenen Show zerpflückten Fronter Dorian Bones und seine Mannen mit Songs wie "Black Metal Ultras", "666 Problems" oder "Satanic Kommando" die Bühne. Diesmal goss er auch nach dem "Rum Ritual" 2021 beim Folter Records-Jubiläum auch wieder feinen Statesman in seinen Becher und die Mäuler der Fans. Die Abmischung und Präsentation ließen keine Wünsche offen und selbst eine gerissene Saite kurz vor Ende des Sets wurde schlicht von den anderen Bandmitgliedern wegperformt, da ein strenges "7 minutes guys" von Stagehand Manuel "Hartschnack" Mortl zum Abschluss ermahnte. Möge ihn der Blitz beim rückwärtigen Dinieren erschlagen! Trotz des Hinweises ließ die Truppe es sich nicht nehmen das Set mit den Klassikern "Blow With The Devil" und "Black'n'Roll" abzuschließen - was für ein fulminanter Auftritt!
Im Anschluss an die Show von Whiskey Ritual war es Zeit für die Finnen von Archgoat die Bühne zu entern und mit ihrer blasphemischen Mischung aus Death- und Black Metal die Freilichtbühne Friesack erzittern zu lassen. Wer mit den Shows der Drei aus Turku vertraut ist, wusste, worauf er sich gefasst machen musste: Keine Kompromisse, keine Gefangenen - wenn Archgoat loslegen, rumpelt es gewaltig. Direkt mit dem Opener "Heavens Ablaze" vom 2021 erschienenen Album "Worship The Eternal Darkness" wurde klar gemacht, wohin die Reise geht. Die Setlist war eine bunte Mischung aus den letzten Gotteslästerungen, die von Turku aus in die Welt gespien wurden. Ein absolutes Highlight der Setlist war "Hammer of Satan" vom 2006 erschienenen ersten Album "Whore of Bethlehem", aber auch "Messiah of Pigs" und "Darkness Has Returned" brauchten sich dahinter nicht zu verstecken. Archgoat kann man sich live einfach immer geben. Punkt.
Der Headliner des letzten Festivaltags kam mit Naglfar aus Schweden. Die Instanz um Fronter Kristoffer W. Olivius meldete sich 2020 mit dem aktuellen Album "Cerecloth" zurück, dessen Titelsong, sowie das starke Stück "Vortex of Negativity" präsentiert wurden. Auffälig ist, wie gut Naglfar ihre Hörerschaft im Griff haben und wie groß ihre treue Fanbase ist - die durch Mark und Bein schleifenden Vocals ketten einen auch förmlich an die Stage. Klassiker wie "The Brimstone Gate" und "Blades" vom 1998er "Diabolical" sind feste Bestandteile im Set der Band, ebenso der "Sheol"-Opener "I am Vengeance", mit dem die Schweden ihre eindringliche Show beendeten. Qualitativ hochwertig - auch wenn Haus-Tontechniker Lior Delman due to covid-related reasons nicht am Start war.
Als finaler Act des diesjährigen UTBS traten die Georgier Psychonaut 4 als kleine Exotengruppe auf die Bühne. Exotisch deshalb, weil ihr Stil und ihre Optik doch sehr aus dem Raster fielen: Sänger Graf wirkte in seinen weißen Turnschuhen und mit seinen teils merkwürdig bizarren Tanzmoves stellenweise etwas deplatziert, seine Vocals, die die Band in ihren tief aus den Abgründen der Seele stammenden DSBM-Fluten ausrollte, waren hingegen sehr beeindruckend. Im wörtlichen Sinne des Bandnamens boten sie einen Tauchgang in Themen wie Depression, Selbstmordgedanken und Drogenmissbrauch und konnten unter der Anhängerschaft hoffnungsbefreiter Musik zum Festivalende womöglich nochmal ordentlich punkten, trotz der teils unkoordiniert wirkenden Bühnenshow, vor allem mit Songs vom 2020er "Beautyfall" - andere verließen nach der Erzziege und dem Killer-Auftritt von Naglfar wohl das Gelände früher. Teile unseres Teams waren sich einig: Schwer in Worte zu fassen, was man da beschauen durfte, stellenweise wirklich eindrucksvoll, stellenweise befremdend, doch irgendwie faszinierend.
Bericht: Grave, Sebi & Haimaxia