Am Samstag, den 26. November, luden die Essener Frigoris zu ihrem 15-jährigen Jubiläum ins Helvete Oberhausen. Unter dem Titel "15 Years of Solitude" lieferte die Post Black Metal-Band gemeinsam mit ihren Gästen Hyems, Caradras und Außerwelt einen Querschnitt durch alle ihre bisherigen Werke.
Frigoris blicken als Lokalmatadore des Ruhrgebiets auf ihre 15-jährige Geschichte zurück, in denen sie -gegründet im Jahre 2007- auf vier Full Length-Alben zurückblicken können. Ihr aktuellstes Werk "...in Stille" erschien Anfang 2020 bei Hypnotic Dirge Records (u.a. Marche Funébre, Moonworshipper, Swampborn) und wurde zum Release kurz vor Beginn der Corona-Pandemie im Helvete Oberhausen enthüllt. Unter dem Motto "15 Years of Solitude" fand am Samstag, den 26.11. ihr Jubiläum statt. Die Musiker um Frontmann Dominik Winter luden sich hierzu Freunde und Familie ein: Mit von der Partie waren die Marburger Hyems, die ebenfalls 2020 ihr aktuellstes Werk "Anatomie des Scheiterns" veröffentlichten, sowie Caradras, bei denen auch Winter an der Gitarre mitwirkt und deren Debüt "Schattenkönige" im vergangenen Oktober zelebriert wurde (hier unser Event-Bericht). Als dritter Gast waren auch Außerwelt aus Münster im Kader, die Anfang 2022 ihre aktuelle EP "The Obsidian Ascent / The Panoptical I" veröffentlichten.
Caradras, die den Auftakt machten, präsentierten als Opener zwar nur vier Songs ihres Debüts - die Auswahl hätte aber nicht besser ausfallen können: Schon beim peitschenden Album-Opener "Im Nebel", während dem schon deutlich wurde, wie viele Anhänger der Band und Freunde der Musiker auf der Bühne ins Helvete geströmt waren, wurde gemeinsam mit dem skandierten "Ave, Nebelkönig" selbiger willkommen geheißen. Nachdem die 2010 gegründete Band zunächst im Jahr 2015 ihre erste Demo „Ex Nihilo“ veröffentlichte, hatte es bis ins Jahr 2021 gedauert, bis ihr Erstling erschien - und für den Brecher "Siegel gebrochen", der als Zweites gespielt wurde, konnte die Band niemanden Geringeres als Skald Draugir (Helrunar) gewinnen, um einen Sampler einzusprechen. Das Stück, welches wortwörtlich mit seinem biblischen Offenbarungs-Text die Apokalypse auf die Bühne holte, stellte deutlich zur Schau, was für ein grandioses Songwriting in Caradras pulst. Ähnlich wie schon beim Opener waren auch hier die eindringlichen Song-Passagen besonders spürbar - viele im Saal reckten gemeinsam mit Sänger Caranthir die Faust zum gemeinsamen Brüllen der Formel "Triumph der Ratio" in die Luft - und auch der erwähnte, atmosphärische Einspieler sorgte für eine Gänsehaut.
Caradras, die -zwar nicht in jedem ihrer Songs, aber immer allgegenwärtig- einen Einschlag des Herr der Ringe-Opus von J.R.R. Tolkien haben, spielten als Nächstes "Drums in the Deep", welcher von der Ankunft von Durins Fluch, dem Balrog, erzählt und schon seit der Demo im Repertoire liegt. Live prasselten die hoffnungslosen Lyrics in einem beispiellosen, kaskadischen Finale auf die Hörerschaft ein. Das finale "In den Grüften" legte noch einmal mit einem Ausflug ins LotR-Universum nach, ehe die Musiker Platz für die nächste Band machten. Ein überaus starker Auftakt für den Abend!
Caradras / Frida Nordlys
Außerwelt aus Münster standen als Nächstes auf der Bühne und lullten das Publikum mit ihrem mitunter beschwingten Post-Black Metal ein. Nach Caradras, deren Stil eher in die Helrunar-Kerbe schlägt, punkteten die Münsteraner mit ihren Stücken, die teils eine rockige, teils eine maschinell treibende Couleur, aber immer mit modernem Anstrich, trugen: Mit in der Setlist waren neben Songs ihrer 2017er EP "Transitions" auch die zwei Stücke ihrer aktuellen EP, die im Februar erschien: "The Obsidian Ascent" und "The Panoptical I" untermauerten nochmal das Potential, das in der Band schlummert.
Außerwelt / Frida Nordlys
Die Marburger Hyems boten schon alleine wegen ihres Auftretens mit Corpsepaint ein weit puristisches Bild in Sachen Black Metal. Ihr aktuelles Werk "Anatomie des Scheiterns" erschien 2020, welches seitdem pandemiebedingt wohl eher selten live vorgestellt wurde - gerade Stücke wie der Opener "Triumph des Scheiterns" oder "In Ketten" zeigen den Anspruch der Band an sich selbst und demonstrieren das wirkmächtige Zusammenspiel aus schnörkelloser Black Metal-Aggression und nachdenklichen Lyrics. Gerade bei "In Ketten" bilden Textbruchstücke wie "Die Lethargie der Masse schwört Treue" oder "Unterschätze nicht die Kraft des Falschen" gewichtige Aphorismen, über die man nachgrübeln kann, die aber bei Hyems gerne hinter der Maske des Plakativen untergehen.
Auch ältere Stücke präsentierte die fünfköpfige Truppe um Sänger AEJ, zum Beispiel "Mein Bethlehem" von ihrer 2018er EP "1997" oder Stücke vom Vorgänger-Album "Devianz-Dem Menschen ein Wolf" von 2015. Obwohl die Wurzeln der Marburger bis ins Jahr 2000 zurückreichen, blicken die Musiker auf nur drei Full-Length-Alben zurück. Der Gig auf dem Frigoris-Jubiläum hatte es insgesamt aber durch die enorme Bühnenpräsenz und die Live-Wucht, die Hyems mitbringen, zweifellos in sich, nicht zuletzt Dank der demonstrativ bissigen Vocals und der talentierten Herrschaften an Gitarre, am Bass und an den Drums. Da ist es durchaus angenehm, hervorzuheben, wie viele Stimmen es gab, die nach dem Konzert betonten, dass sie die Band noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
Hyems / Frida Nordlys
Frigoris starteten ihren Jubiläumsgig mit dem Opener ihrer 2013er Platte "Wind", dem Song "Zwischenwelten", welcher sich als perfekte Einleitung in die Welt der Essener entpuppte. "Entflieh' der Welt", das fordert Sänger Dominik Winter in diesem Stück - und er stellte damit gleich die Weichen für den Grundton seiner Band: Eskapismus, Naturverbundenheit und ein Sich-den-Kopf-Zerbrechen über die Welt, das Zwischenmenschliche und die Makel der Menschen. Alles Themen, die sich in den Lyrics von Frigoris verbergen, die ihr 15-jähriges Bandbestehen zum Anlass genommen haben, ein Best of aller ihrer bisherigen Werke zu präsentieren: Das bedeutete, dass Kennern der Band auch mal wieder Stücke ihres Debüts "Nach dem Krieg" von 2010 geboten wurden, darunter "Aus der Asche" und auch der Titelsong, der mit seiner Metaphorik Sinnlosigkeit und Schrecken desselben symbolisiert. Das Quartett aus dem Ruhrgebiet hantiert dabei mit diversen Stilmitteln, verlässt dabei den schmalen Grad zwischen Melancholie und Depression aber nur selten, vor allem bei neueren Stücken wie "Scheideweg", der mit seinem "Am Ende stirbt eine Idee"-Fanal unter die Haut geht.
Auf musikalischer Ebene schaffen Frigoris immer zu überzeugen - und auch die Tatsache, dass sowohl Winter, als auch Max Stiefermann am Bass bereits bei Caradras auf der Bühne standen, tat der Leistung der beiden keinen Abbruch. Die Passion der Musiker steckt in jedem Atemzug - und das merkt man auch. Mit in der Setlist war auch noch das bisher noch nicht oft live präsentierte "Riss" von der gemeinsamen EP von Frigoris und Asator, "Anthropos", welche 2019 erschien - aber vor allem das schließende "Himeros" verlangte der Besucherschaft noch einmal viel Power ab. Darin liegt unserer Ansicht nach auf die Stärke von Frigoris: Nicht nur mit ihrer filigranen Black Metal-Spielart eine besondere Atmosphäre zu kreieren, sondern diese gekonnt mit starkem Songwriting, nachdenklichen Lyrics und eindringlichen Vocals zu paaren.
Frigoris / Frida Nordlys
Fotos: Frida Nordlys
Bericht: Haimaxia