25.-27.04.2024 - Black Hole Fest V, Musigburg Aarburg (CH) + Sargeist + Gorgoroth + Aegrus +++
Review

25.-27.04.2024 - Black Hole Fest V, Musigburg Aarburg (CH) + Sargeist + Gorgoroth + Aegrus +++

Ganz nah an den Besuchern und ein wirklich ausgefallenes und zugleich hochklassiges Line-Up: vielleicht hatten die Veranstalter der fünften Ausgabe des Black Hole Fest in der Schweiz genau dieses Ziel im Kopf, als sie im Hauptquartier der Black Hole Agency zusammensaßen und das Festival planten. Denn wir wurden Zeuge, dass Tamara, Reto und Sven genau das in die Tat umgesetzt haben. Zum ersten Mal waren Mitglieder unseres Teams auch bei der schweizerischen Ausgabe des Black Hole Fest dabei - in der Musigburg der Kleinstadt Aarburg im malerischen Aargau-Kanton. Und das Event überzeugte nicht nur durch Programm, Orga und Atmosphäre, sondern eben auch durch gute und immer präsente Gastgeber.

  • von Haimaxia
  • 10.05.2024

Ultar / Foto: Anna Apostata

Tag 1: Sibirisches Warm Up zum Tour-Auftakt

Zum diesjährigen Warm-Up am Donnerstag luden die Veranstalter neben der Noisebringer Records-Wumme Kanonenfieber, welche vor allem für viele zum Kaufargument eines Tickets für den Auftakt wurde, auch die beiden russischen Bands Ultar und Grima ein. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich beide Bands schon seit Wochen auf ihrer "Under The Sign Of The Last Spruce"-Tour befinden müssen, mussten sich aber gegenüber den bürokratischen Hürden geschlagen geben (wir berichteten). Lange war unklar, ob und wann die Bands den sibirischen Osten gen Europa verlassen können - doch ein paar Wochen vor dem Black Hole Fest durfte die Black Hole Agency stolz verkünden, dass das BHF V zur ersten Konzertstätte der beiden Truppen außerhalb der Grenzen Russlands Anno 2024 würde - ein Glück für alle Besucher. Nicht nur präsentierten sich beide Bands in exzellenter Manier, auch der kristallklare Sound der Musigburg (ein Phänomen, das sich schnörkellos durch das gesamte Event ziehen sollte) trug dazu bei, dass die Aufwärmübung zu einem rauschhaften Erlebnis wurde. [Nachtrag: Aller Ruhm dafür gebührt Blvckr0seproductions!]

Vor allem Grima punkteten mit ihrem hypnotisierenden Nackengriff, der die Besucherschaft in Trance versetzte. Auch wenn es Stimmen gibt, welche die besonderen Holzmasken der Musiker eher skurril und das schlurfende, “waldschratige” Umherwandern des Sängers auf der Stage der Atmosphäre abträglich empfinden - das Publikum dankte den Formationen mit anhaltendem Beifall. Ebenso bemerkenswert: Gerade zum Auftakt lockten Kanonenfieber um Fronter Noise besonders viele jüngere Gäste in die Musigburg, welche an den Folgetagen nicht mehr zu sehen waren und somit eher nur für den einen Tag an die Aare reisten. Die Show der Soldaten von Kanonenfieber kann als akribisch durchchoreographiert und durchaus solide bezeichnen werden, wenn man Freund der plakativen WW1-Show ist. Trotzdem bleibt unser Team skeptisch, ob der Rammstein-Sensations-Effekt, den die üppigen Show-Elemente und die Kostümierung der Musiker so mitbringen, nicht eher deplatziert in einem Programm wie dem des Black Hole Fests war. Was man hingegen nicht sagen kann, ist, dass die Band keine guten Musiker hätte - immer wieder schauten wir genau auf Drummer Hans und die Akteure an den Saiteninstrumenten. KNNNFBR bleibt wohl ein heißer Diskussionsgegenstand, auf den wir anderer Stelle noch einmal näher eingehen werden.

Theotoxin / Foto: Anna Apostata

Tag 2: Theotoxin in voller Power und Hoest in gelebter Misanthropie

Am ersten regulären Festivaltag stachen neben den starken Briten von Stahlsarg (besonderer Anspieltipp ist da die kompromisslose "Suicide of God"-EP), welche bisher noch so gar nicht im deutschsprachigen Raum angekommen zu sein scheinen, vor allem zwei Bands heraus: Die Österreicher Theotoxin und die eigentlich hochkarätige Hausnummer Gorgoroth. Erstere stellten unter Beweis, dass das Projekt um Drummer Flo Musil zur Speerspitze des bedrohlichen, anti-religiösen Black Metals des deutschsprachigen Raums schlechthin gehört - vor allem durch Stücke wie "Demise of the Gilded Age" , aber auch das beeindruckende Auftreten von Sänger Ragnar, durch die kalte Mimik und die mitreißende sowie packende Gestik. Der Erfolg, welcher der Band nicht zuletzt durch ihre letzten zwei Werke "Fragment: Erhabenheit" und "Fragment: Totenruhe" zuteil wird, ist immens - die ausgedehnten Touren mit Archgoat und Whoredom Rife 2022 und mit Taake und Nordjevel im Frühjahr 2024 sprachen bereits für sich. Während Theotoxin sich allerdings in dem Venue dieser Größe herausragend gerierten, Soundprobleme hin oder her, war der durch Umbaulängen über eine halbe Stunde später als geplant gestartete Auftritt der Norwegen-Elite Gorgoroth enttäuschend. 

Zunächst muss man betonen, dass die Band bekanntermaßen seit dem Weggang Gaahls immer wieder andere Personen an den Vocals hat, von Pest über Atterigner bis Taake-Frontmann Hoest - für den Gig beim Black Hole Fest V sollte nun wieder Hoest am Mikro zu hören sein, eine kontroverse Figur, die aber immer vollen Einsatz verspricht, für den Black Metal brennt und wohl zu den Menschen der Szene gehört, welche ihre Musik leben - allerdings erweist sich Hoest auch immer wieder als unberechenbar. Die einen mögen diese Wucht von einer Bühnenpräsenz und dessen unheildrohende Art, gepaart mit seinen starken Vocals, nur loben, weil Hoest unbequem ist - und weil unbequeme Akteure im Black Metal en vogue und gern gesehen sind, weil sie das Naturell des Genres widerspiegeln. So erlebte unser Team auch Auftritte von Hoest mit Taake und Gorgoroth in der Vergangenheit, welche wir weit stärker in Erinnerung haben. 

Am 26. April hingegen war der Gorgoroth-Gig leider in mehrerlei Hinsicht zu kritisieren - zunächst war es schwierig, Klassiker wie u.a. "Incipit Satan" überhaupt live zu erkennen, da die Stücke über die übliche Live-Verzerrung hinaus doch sehr verfremdet rüberkamen, Textpassagen ausgelassen oder verändert und so dem Phänomen Gorgoroth nicht gerecht wurden. On top war das teils erratische Gehabe von Hoest kaum angenehm zu nennen, wenn man ständig vor einem ins Publikum rotzenden, Besuchern in der ersten Reihe an den Haaren ziehenden und mit seinem Mikro auf Leute einpeitschenden Frontmann zurückweichen musste. Wenn man diese gelebte Misanthropie sucht, nimmt man einen Schritt auf die Bühne zu - man muss einen Gig mit einem sichtlich angepissten Hoest wollen, einer Person, die nicht nur spielt, ein unangepasster, gefährlicher Charakter zu sein. Keine Person, dessen Kunst man aus dem Kinosessel einfach nur anschaut. Man muss Teil dieser Show sein wollen, sonst sollte man Reißaus nehmen. In diesem Fall kann man auch mit einer solchen Show seine helle Freude haben. Trotzdem bleibt die Kritik: Eine gute Zurschaustellung von Gorgoroth-Pieces war das nicht.

Gorgoroth / Foto: Anna Apostata

Internationales Event in Perfektion

Nicht nur zieht ein Event dieser Güteklasse in der Schweiz zahlreiche Besucher aus der rundum angrenzenden europäischen Nachbarschaft an - man merkt dem Black Hole Fest auch seine internationale Ader in der Programmgestaltung an. Das Publikum war dabei bunt gemischt, man hörte vor allem auf dem Vorplatz der Musigburg nicht nur Deutsch und Schwyzerdütsch. Für die in der Schweiz liebevoll "Konsumationsbon" genannten Wertmarken wurde kurz vor dem Event gar ein "1zu1"-Tausch von Euro und CHF angeboten, was mehr als fair war, obwohl die Schweizer Währung eigentlich immer einen leicht besseren Kurs hat. Gewiss sind die Preise in der Confoederatio Helvetica ja auch immer saftiger, als man es aus deutschen Landen gewohnt ist - aber vor allem für das Luzerner Eichhof ließ man als Besucher aus Deutschland gerne etwas mehr Geld in der Musigburg. 

Auch in Sachen Essensangebot sah es für die Besucher mit diversem Angebot an Burgern, Pommes und Hotdogs, auch vegetarisch/vegan, auf dem Vorhof der Location gut aus. Wer ein bisschen shoppen wollte, konnte sich nicht nur an einem Stand des in Montreux ansässigen Labels Asgard Hass und dem Bandmerch gütlich tun, sondern hatte auch draußen noch die Gelegenheit, sich an einem Stand heidnisches Handwerk oder auch eine Handpoke-Tätowierung von Einherjar Tattoo zu gönnen. Unser Team nahm auch die Gelegenheit wahr, Aarburg und die umliegende Natur näher unter die Lupe zu nehmen, was Dank exzellenten Wetters, vor allem am Samstag vor Programmbeginn, jedem Besucher ans Herz gelegt werden sollte, der nicht jeden Tag in der Schweiz ist. Danke an dieser Stelle für den Tipp, die Tüfelsschlucht bei Hägendorf zu durchwandern und im Quellwasser zu baden, wo auch schon der Sage nach der Teufel selbst dereinst hineingehüpft war. Ein guter Auftakt für den Rest des Events. 

Sargeist / Foto: Anna Apostata

Tag 3: Von aufstrebenden Jung-Bands und finnischer Allmacht

Am Samstag zum finalen Festival-Tag durften die noch recht jungen Heathen Heretic als einzige Schweizer Band des Festivals den Opener geben und machten trotz ihres eher experimentierfreudigen und nicht so geradlinig angelegten Black Metal-Handwerks eine verdammt gute Figur und ernteten viel Zuspruch, auch wenn die Musigburg um halb vier nachmittags noch nicht aus allen Nähten platzte. Pech für diejenigen, die sich die Zürcher Melodic Black/Deather mit gleich zwei Personen an den Vocals, neben Rhythmusgitarrist Styx auch Fronterin Viola, nicht angeschaut haben. Dass die fünfköpfige Truppe noch einiges in petto hat, untermauerte sie direkt mit Stücken, die erste Einblicke in ein neues Album gaben. Bis dahin sei die aktuelle EP "Heaven's Damnation" empfohlen!

Die letzten zwei Auftritte des BHF V demonstrierten erneut, dass der finnische Black Metal einfach eine Klasse für sich ist: So konnten die Veranstalter die geheimnisumwitterten Sargeist um den vielseitigen, kontroversen Musiker Shatraug gewinnen, welche an diesem Gig-Wochenende mit dem SWR Metalfest in Portugal und dem Black Hole Fest in der Schweiz ihr neues Live-Ensemble enthüllten. Nicht nur ergreift der Kopf der okkult-satanistischen Formation von nun an wieder selbst die Vocals - mit Horna-Stimme Spellgoth am Bass und dem spanisch-stämmigen Nur-i-siyah an den Drums (u.a. 13th Moon) sind neben dem langjährigen Gitarristen VJS aktuell vier Musiker on stage. Die rar gesäten Auftritte von Sargeist sorgen aber nicht nur für eine besondere Exklusivität ihrer Gigs, sondern werden auch zu einem kleinen Hype, wenn man Stimmen der Besucher Glauben schenkt - aber zu einem, der sich auszahlen sollte. 

Die dichte Atmosphäre, welche die Band mit Stücken wie "The Shunned Angel" oder Classics wie "Satanic Black Devotion" kreiert, macht sprachlos - gerne hätte man noch viele weitere Stücke aus dem Opus der Finnen gehört, allerdings hörte man nur Lieder, welche 10 Jahre und älter sind, die Auswahl fiel zudem begrenzt aus, auch aufgrund der fehlenden Zeit. Schade auch, dass man in fragende Gesichter blickte, als Sargeist die Bühne verließen, wo doch laut Schedule eine viel längere Show angekündigt war. Die ebenfalls aus dem Land der tausend Seen stammenden Aegrus rissen am Ende nochmal alles ab und setzten der ohnehin schon in der Musigburg nachhallenden Allmacht aus Finnland nochmal die Krone auf: Das Projekt um Sänger Inculta stand Sargeist in nichts nach und punktete vor allem in Sachen Songwriting, mit unter die Haut gehenden Vocals und Stücken wie "Where The Forest Emanates Death", die vor allem den Teilen unseres Teams noch lange in Erinnerung blieben, die Aegrus live erst kennenlernen durften. 

Bericht: Haimaxia / Skog

Fotos: Anna Apostata

PUNKTE
Bewertung

Das Black Hole Fest konnte in seiner fünften Ausgabe vollends überzeugen - das Programm erwies sich als auserlesenes Portfolio mit einerseits bekannten Garanten für Top-Live-Shows, aber auch mit besonderen Underground-Gigs von Bands, die man nicht alle Tage sieht. Neben Gorgoroth und Kanonenfieber, welche wir aus unterschiedlichen Gründen kritisierten, gab es aber keinen Auftritt, der in irgendeiner Weise rein qualitativ aus dem Rahmen fiel. Hervorhebenswert ist die exzellente Orga des Events, sowie der überragend gute Sound in der Musigburg, von dem sich so manche Veranstalter von Indoor-Events in Deutschland ein Scheibchen abschneiden sollten. Wir empfehlen einen Besuch in der Eidgenossenschaft uneingeschränkt und vergeben den UG-"Stamp of approval". Danke an das Veranstalter-Trio der Black Hole Agency, welche sich auch am Samstag nochmal mit einigen Dankesworten an ihre Besucher wandten - wir blicken schon jetzt auf das Schwesterevent in deutschen Landen, das Black Hole Fest Germania, welches im Herbst in der Balver Höhle seine zweite Runde geht!

Band

  • Tag 1 - Ultar, Grima, Kanonenfieber Tag 2 - NahemiA, Stahlsarg, Merrimack, Theotoxin, Gorgoroth, Runenwacht Tag 3 - Heathen Heretic, Besatt, Pestlegion, Ad Noctem Funeriis, Ninkharsag, Sargeist, Aegrus
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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