Vergangenen Samstag kehrten Dornenreich endlich mal wieder für eine zünftige Metal-Show ihrer eindrücklichen Musik auf ihrer gemeinsamen Tour mit Perchta im Oberhausener Helvete ein. Als besonderes Gimmick beim Stopp im Ruhrgebiet waren dabei auch die Jungs von Wrack am Start. Wie der Abend verlief, lest ihr in unserem ausführlichen Bericht!
Während schon neue Stücke in der Songschmiede der Österreicher um Eviga, Inve und Gilván entstehen, präsentieren sie nun ihren aktuellsten Silberling "Du wilde Liebe sei" auch live. 2021 erschienen herrschte bereits im Vorfeld zur kleinen Tour große Vorfreude. Aber nicht nur das: Mit dem Album "Her von welken Nächten" , das den deutschsprachigen Black Metal nachhaltig beeinflusst hat, begingen sie 2021 das 20. Release-Jubiläum.
Perchta / Foto: Anna Apostata
Perchta standen zuerst auf der Bühne - ebenfalls aus Österreich ist die Gruppe um die gleichnamige Sängerin ein noch junger Eintrag im Kader von Prophecy Productions, ganz im Gegensatz zu den Veteranen von Dornenreich, die gemeinsam mit den Projekten von Markus Stock wohl zur Speerspitze des Labels gehören. Perchta präsentierten dabei ihr Debütalbum "Ufång" von 2020, das gleich zu Beginn der großen Seuche veröffentlicht wurde, sodass das Publikum nun erst wirklich in den Genuss kommt, die Songs auch live erleben zu dürfen. Dabei machten sie eine äußerst gute Figur, wenn man auch offen sagen muss, dass ihr Stil als sehr eigen zu bezeichnen ist. Trotzdem ist es mehr als passend, dass sie eine gemeinsame Tour mit Eviga und Co. begehen, die ihrerseits auch ganz gewiss keine schnörkellose und platte Black Metal-Experience auffahren.
Nicht nur driftet man mitunter in reine Folk-Instrumentalpassagen ab, die einen spirituellen Esprit in sich tragen und beinahe an Bands wie Nornír oder (man möge die Assoziation verzeihen) Heilung erinnern - mal geht es althergebrachter und brachialer daher und man kann die Tiroler mit Fug und Recht in härtere Genre-Gefilde einordnen. Die Texte sind dabei durchweg in Tirolerisch gehalten und sind dabei für Nicht-Sprecher bzw. Nicht-Österreicher mal verschleierter in ihrer Bedeutung, mal greifbarer, aber stets naturverbunden und oft in klarem Gesang dargebracht, brechen aber immer wieder in ekstatischen Passagen aus. Hier sind Perchta auch live am stärksten - denn leider meinte der Sound im Helvete es nicht so gut mit dem Klargesang. Insbesondere Stücke wie das eröffnende "Erdn" oder "Wåssa" entfalteten aber ihre volle Wirkung und die emotionale Art der Sängerin, gepaart mit der Optik auf der Bühne taten ihr Übriges.
Wrack / Foto: Anna Apostata
Wrack, welche den Oberhausen-Gig als Special Guests begleiteten, machten den zweiten Auftritt des Abends. Ursprünglich als Release-Gig ihres neuen Albums "Altäre der Vergänglichkeit" gedacht, brachten Wrack an diesem Abend lediglich ihre neue Single "Fluchtwald" im CD-Format mit, die am Merch-Stand erworben werden konnte. Doch viel weiteres neues Material durften Kenner der Band bezeugen, schließlich haben die Musiker hinter dem Projekt auch lange Zeit zu werken gehabt: Ihr letztes Album "Gram und gleißende Wut" stammt immerhin von 2010. Die Bochumer Black Metal-Combo meldete sich in den vergangenen Wochen immer wieder zu Wort, da ihr neues Werk in den Startlöchern steht. Auf Social Media gab es dazu diverse Previews und Kommentare seitens der Musiker. Doch ausgerechnet bei diesem Gig war Bassist und zweite Stimme Jan aka Grabestau nicht dabei - aber Wishbone an Gitarre und Vocals hatte Verstärkung in Form zweier Gastmusiker dabei.
Für das neue Stück holten sich Wrack auch Verstärkung auf die Bühne: Gastgesang stammte dabei von Frida Nordlys und Stef (u.a. Jörmungand) - der Song markierte dabei auch ein ordentliches Highlight der Show, auch wenn hier erneut die klaren Vocals -trotz Stärke, Wirkmacht und pointierten Einsatzes- tontechnisch etwas auf der Strecke blieben. Trotzdem: Ein beeindruckendes und vor allem vielseitiges Stück, das sich die Band für ein Vorab-Release ausgesucht hat. Ebenfalls abwechslungsreich kommen die Vocals von Wishbone daher, der in manchen Songs klaren Gesang, dann wieder kreischende Screams und im nächsten Moment tiefes Growling auspackt, als wäre es nichts. Auch Songs wie "Scars" aus altem Repertoire sind auch über zehn Jahre später nicht weniger wuchtvoll live - und wenn man dann noch eine Widmung des Stücks an einen kürzlich verstorbenen Freund ausspricht, erreicht man noch einmal ein ganz anderes Level der Schwere.
Dornenreich / Foto: Anna Apostata
Als Dornenreich schließlich die Bühne betraten, wurde es nochmal so richtig eng und stickig im Helvete: Nach kurzem Intro ging es mit "In Strömen aus Verwandlung ein flackerloses Licht" vom 2021er Werk ohne Umschweife los. Überhaupt verliehen Eviga und sein Ensemble den Stücken einen ganz neuen Charakter, wenn eine druckvollere Facette hinzukommt. Das Gleiche kann man über Songs wie "Flammenmensch" und "Jagd" sagen, die sogleich folgten. Mit seiner Stimme, mal im Flüsterton, mal harscher, schafft der Sänger es immer wieder, seine Zuhörerschaft ordentlich in den Bann zu ziehen, dazu eine Mimik und Gestik, die zeigt, dass man den ganzen Körper und das ganze Organ in seine Performance steckt. Diesmal unter den Live-Musikern: David Conrad, aka Eklatanz, bekannt u.a. von Heretoir und gern gesehener Gast/Unterstützer an der Gitarre bei zahlreichen weiteren Bands, unlängst auch für den Live-Support für die Australier Austere bekanntgegeben.
Aber Dornenreich wussten erneut unter Beweis zu stellen, warum es so einen gewaltige Fankult um die Truppe gibt - und das nicht erst seit gestern. Schön auch mal Stücke in härterer Gewandung zu hören, die sonst auf den Akustik-Platten nicht etwa zu blass sind, doch in ihrer filigraneren, träumerischen Art einen ganz anderen Impact entwickeln, als bei einer Show wie dieser, wo sie eine ganz andere Ader treffen. Unserem Team hat die Show jedenfalls sehr gut gefallen, nachdem wir Dornenreich die letzten Jahre (auch Corona-bedingt, denkt man ans Prophecy-Fest) nur in Akustisch erlebt hatten. Eine grandiose Setlist wurde am Ende nochmal mit "Dein knöchern' Kosen", "Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz" und "Trauerbrandung" gekrönt, welches wohl am ehesten für die furiose, von Wahnsinn getriebene Vergangenheit Evigas musikalischen Schaffens steht.