Von Mitte Mai bis Anfang Juni begaben sich die US-Amerikaner Wolves In The Throne Room erneut auf eine ausgedehnte Europa-Tour. Unter der Standarte "Crypt of Ancestral Knowledge" ging es über mehrere Festivals wie u.a. das Dark Troll 2024, das Wave Gotik Treffen in Leipzig und das Graveland Festival auch in mehrere Clubs. Support erhielten sie dabei von Gaerea und Mortiferum - wir waren beim Ruhrpott-Gig in der Zeche Bochum dabei.
Vergangenen Dienstagabend füllte sich die Zeche Bochum schon früh, trotz der Tatsache, dass der Tourkonvoi mitten in der Woche Halt im Metal-hungrigen Ruhrgebiet machte. Mit einer Mischung aus atmosphärischen, träumerischen Klängen und roher Energie begeisterten alle Bands des Abends die Besucherschaft und schufen ein unvergessliches Ambiente. Auch nach mehreren Wochen Tour konnte man feststellen, dass die Bands bestenfalls routiniert, aber keineswegs ausgelaugt in den Abend gingen und ihren Besuchern einige starke Shows spendierten - nicht zuletzt ist die Zeche Bochum für einen Abend dieses Kalibers natürlich auch gut geeignet, auch wenn die Halle nicht ganz ausverkauft war.
Dennoch begann der Abend mit einem kleinen Dämpfer: Entgegen den Online- und Ticket-Angaben, dass der Abend um 19:30 beginnen würde, wurde der Start mit den Openern Mortiferum vorverlegt. Die Band aus den USA, die das Publikum zum Auftakt von Anfang an mit ihrem dichten Sound und ihren schwermütigen Klängen fesselte, haben viele leider nicht in Gänze sehen können - leider gab es wohl Unstimmigkeiten bei den Spielzeiten. Dies hätte man breiter im Vorfeld online streuen müssen, auch wenn es offenbar kurzfristiger entschieden wurde.
Dies führte dazu, dass viele Besucher die Band entweder komplett verpassten oder nur noch den letzten Song mitbekamen, was für einiges an Enttäuschung sorgte, handelte es sich hierbei doch nicht mehr um einen "No Name"-Eintrag, den man gerne skippen wollte. Dennoch hinterließen Stücke wie "Putrid Ascension" und "Inhuman Effigy" von ihrem 2019er Debüt "Disgorged From Psychotic Depths", welche den Auftritt schlossen, bei den Anwesenden einen bleibenden Eindruck mit ihrer beklemmenden, intensiven Stimmung und den heftigen Vocals von Sänger Max Bowman. Mortiferum bewiesen, dass sie nicht nur eine Fußnote, sondern ein essenzieller Bestandteil dieses Abends waren - und das möchten wir gerade betonen, weil es auch Stimmen gab, welche Mortiferum als "für den Abend unpassend" empfanden - abgesehen vom deutlichen Stil-Unterschied zu den folgenden Bands (das wäre ein Kritikpunkt, den man bringen könnte) stand die Band den anderen Programmpunkten aber in Sachen Atmo und Intensität in nichts nach.
Mortiferum / Frida Nordlys
Als nächstes betraten Gaerea die Bühne und erhöhten die Intensität noch weiter: Die Band aus Porto, die sich u.a. durch ihre entmenschlichenden Maskierungen und ihren Hang zum Mystischen auszeichnet, lieferte eine Performance ab, die sowohl visuell als auch musikalisch beeindruckte. Allerdings scheinen Gaerea die Black Metal-Szene durchaus zu spalten: Ihre pompöse Light-Show und die teils erratischen und skurrilen Dance-Moves des Sängers Guilherme Enriques sind nicht jedermanns Sache - bis 2022 war dieser nur an der Gitarre zu hören, seit letztem Jahr ist Gitarristin Sonja Schuringa u.a. live an den Saiten dabei und Enriques übernimmt nur noch die Vocals.
Während einige Fans diese Elemente als erfrischend und innovativ empfanden, kritisierten andere sie als aufgesetzt und teils auch eher peinlich für das Genre. Exzentrische Tanzeinlagen und rastloses Umherspringen als "Cringefest" zu bezeichnen, lässt allerdings in Gänze die musikalischen Leistungen und die energiegeladene Gesamtatmo des Auftritts außer Acht: Songs wie "Salve" und "Mirage" waren dennoch Höhepunkte des Sets, die das Publikum in einen tranceartigen Zustand versetzten. Gaereas Mischung aus Melodie und Brutalität, gepaart mit einer eindringlichen Bühnenpräsenz, einer bemerkenswerten Energie und einer eigenwilligen Extravaganz, machte deutlich, warum sie als eine der aufregendsten, aber auch besonders kontrovers diskutierten neuen Bands im Black Metal gelten.
Schade bloß, dass aktuell mit einer Ausnahme, nämlich dem Song "Urge", lediglich das Album "Mirage" von 2022, sowie das neue Stück "World Ablaze" live gespielt werden. Gerade das 2020er Album "Limbo" hatte die Band ja so sehr in den Fokus vieler Fans katapultiert. À propos Fans: Beachtlich auch, wie viele junge Fans, mutmaßlich im Teenie-Alter, Gaerea lockten, die beim Headliner entweder gar nicht mehr zu sehen waren, oder sogar Reißaus nahmen.
Gaerea / Frida Nordlys
Als Wolves In The Throne Room schließlich zur Tat schritten, war die Vorfreude im Publikum greifbar. Die Band, die für ihren einzigartigen, atmosphärischen Black Metal bekannt ist, enttäuschte nicht und bestach mit einem Set, das sowohl Klassiker, als auch neues Material umfasste: So nahmen sie ihre Zuschauer -nicht ohne das Bühnenbild mit allerhand Ornamenten und Botanik zu schmücken- mit auf eine Reise durch dichte Soundlandschaften und hypnotische Stücke.
So wurden natürlich Songs wie "Beholden To Clan" und "Twin Mouthed Spring" gespielt, welche die aktuelle EP zur gleichnamigen Tour "Crypt of Ancestral Knowledge" widerspiegelten - allerdings sollten sich die richtigen rauschhaften Momente der Entrückung erst bei einigen Klassikern der Band einstellen, darunter u.a. "Crystal Ammunition" von "Black Cascade" (2009), mit denen auch Teile unseres Teams WITTR erst kennenlernten, sowie "Queen of the Borrowed Light" vom Debüt "Diadem of 12 Stars" (2006). Die Hingabe der Musiker wurde mehr als deutlich - die visuelle Untermalung verstärkte dies bloß, ebenso die Beweihräucherung seitens der Band, die in Momenten der Ruhe mit einer rauchenden Schale die Bühne abgingen, sodass auch jeder in den ersten Reihen neben der visuellen und der akustischen Eindrücke auch olfaktorische mitbekam.
Wolves In The Throne Room Anno 2024 haben nichts von ihrer Magie eingebüßt - mit ihrer brandneuen EP hatten sie ohnehin Kritikern und Fans gezeigt, dass ihre neuen Stücke alten Meisterwerken aus erster Stunde in nichts nachstehen. Die Länge der Songs hatte natürlich auch zur Folge, dass nicht allzu viele Pieces überhaupt ins Set aufgenommen werden konnten - so vermissten WITTR-Jünger mit Sicherheit "Wanderer Above The Sea Of Fog" oder "I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots" - diese wird man gewiss in Zukunft wieder im Set haben. Zum finalen Song "Queen of the Borrowed Light" schwelgte man jedenfalls noch einmal in der Melancholie des Erstlingswerks davon - und so entließen WITTR ihre Hörer in die Nacht.
Wolves In The Throne Room / Frida Nordlys
Bericht: Haimaxia
Fotos: Frida Nordlys