Simon Wiedenhöft dürfte Einigen als Gitarrist von ÄERA oder Xternity bekannt sein. Wie so vielen Szeneliebhabern und Künstlern vor ihm, ist ihm wohl das passiert, was eben passiert,wenn die Muse einen von beiden Seiten gleichzeitig anzündet. Er hat mit „Schwarzlicht Konzerte“ seine eigene Konzertreihe gegründet und bereichert damit die Szene im Großraum Münster. Ein paar Wochen vor dem nächsten großen Ding, der Wintermelodei, wollten wir ihm aufs Plek fühlen.
UG: Hi Simon!
Simon: Hi Grave! Schön, von dir und Undergrounded zu hören
UG: Gib uns doch einen kurzen Abriss über dein Wirken bei ÄERA und Xternity.
Simon: Ich spiele in beiden Bands Gitarre. Überwiegend Rhythmus, aber hier und da auch Melodielinien und cleane Passagen. Da sind wir auch gern mal variabel. Während Xternity eher eine Mischung aus Death/Thrash und Black Metal ist und sich quasi aus den Kinderschuhen heraus entwickelt hat, ist Äera ein "reiner" Black Metal Act, der sich im Bereich Atmospheric und Post Black Metal ansiedelt. In beiden Bands befasse ich mich neben dem Instrument auch mit dem Songwriting, sowohl instrumental, als auch was Lyrics anbelangt. Zur Zeit liegt das Hauptaugenmerk auf Äera, da auch hier am 6.12. unser Debütalbum 'Schein' über unser Label "The Crawling Chaos Records" erscheint. Xternity ruht zur Zeit, wird aber sicherlich noch von sich hören lassen. Neben dem musikalischen, fallen natürlich auch viele organisatorische Dinge an, die wir uns innerhalb der Bands aufteilen. So kümmere ich mich viel ums Booking und die Korrespondenz mit dem Label.
UG: Ist es nicht irgendwie inzwischen ein Klischee, dass man als Band aus dem Underground heraus eine eigene Konzertreihe gründet, um vielleicht auch den eigenen Kombos mehr Bühne zu bieten? Oder was war die Intention Schwarzlicht Konzerte zu gründen?
Simon: Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass sich dadurch einige günstige Gelegenheiten bieten, aber dies war in meinem Fall tatsächlich nicht die Intention. Ich habe schon Konzerte organisiert, als ich in noch keiner Band gespielt habe. So habe ich bereits 2009 die ersten Metal-Events in Gronau und Umgebung organisiert. Unter anderem das Monster Metal Festival. Mein Antrieb war stets die Musik und die Szene an sich. Es fühlte sich einfach richtig an, meine Fähigkeit, Dinge zu organisieren hier zu kanalisieren, und damit Teil der Szene zu sein. Ich gehe darin auf. Und das hat sich bis heute so fortgeführt. Wenn sich dann noch on top Möglichkeiten bieten selbst auf der Bühne zu stehen, ist das natürlich toll. Dies ist jedoch nicht mein primärer Antrieb. Ich liebe es einfach, Konzerte zu veranstalten. Dieses Jahr wird es mit dem Wintermelodei besonders spannend. Da spielen wir mit Äera unsere Releaseshow, geben also unser Livedebüt und gleichzeitig eröffnen wir damit das Festival. Ich bin auf meine Gefühlslage sehr gespannt.
UG: Vom Monster Metal Festival habe ich ehrlicherweise noch nichts gehört - Warum hast du dich entschieden, was Neues aufzuziehen?
Simon: Das MMF wurde von einem ortsansässigen Metal Club organisiert, den ich damals mitgründete und in verantwortlicher Position beiwohnte, bis ich im Rahmen meines Studiums nach Münster zog. Ich habe in der Zeit mit Bands zu tun gehabt, wie Cripper, Agathodaimon, Disbelief, Obscurity, Orden Ogan, Mob Rules, Black Messiah, um nur einige zu nennen. Nach dem Ortswechsel war es schwierig dort für mich am Ball zu bleiben, zumal sich der Verein, als auch das Festival in eine Richtung entwickelte, die ich stilistisch nicht vertrat und von meiner musikalischen Weiterentwicklung zu sehr abwich. In Münster haben sich dann mit der Zeit und auch mit meiner Tätigkeit innerhalb der Band und den Vernetzungen innerhalb der Szene neue Wege aufgetan. 2017 habe ich mich dann dazu entschlossen Schwarzlicht Konzerte zu gründen, um meine persönliche Vision eines kleinen Black Metal Festivals umzusetzen und weiterzuentwickeln.
UG: Wie würdest du die Münsteraner Szene beschreiben - vielleicht sogar im direkten Vergleich?
Simon: Hier einen Vergleich anzustrengen, ist schwierig, da man die Szenen nicht wirklich gegenüberstellen kann. Es sind zum einen unterschiedliche Konstellationen und Möglichkeiten und zum anderen kann man das nicht territorial wirklich abgrenzen, da auch die Münsteraner Szene durch viele Leute aus dem Umland bereichert wird. Was man allerdings sagen kann, ist, dass die Voraussetzungen für eine sich weiterentwickelnde Szene in Münster deutlich besser sind, als in einer Kleinstadt wie Gronau. Das liegt zum einen natürlich an den vielen jungen, genre-affinen Leuten dort und zum anderen an den nachhaltig stattfindenden Metal-Veranstaltungen in der Sputnikhalle, dem Tryptikon oder auch dem Gleis 22 und der Baracke, die von Veranstaltern wie das Team von unaussprechliche Culthe oder auch Schwarzlicht Konzerte genutzt werden kann, um sich zu entfalten. Konzerte in Gronau zu veranstalten, gestaltet sich da deutlich schwieriger, da oft in Kleinstadtmentalität behördliche Hürden zu nehmen sind, es an adäquaten Veranstaltungsorten mangelt und es schwieriger ist, Publikum dort hinzulocken. So stagniert die ganze Musikszene halt und bleibt, trotzdessen sich Gronau aufgrund des Rock'n Popmuseums und dem Jazzfest als Musikerstadt bezeichnet, 'überschaubar.' Münster polarisiert da deutlich mehr, ist lebhaft, aufgeschlossen und zuverlässig. Was nicht den stetigen Einsatz und die Bemühungen der kleineren Gronauer Szene schmälern soll. Es sind einfach komplett unterschiedliche Voraussetzungen. Und aufgrund dessen trifft sich die lokale, regionale und sogar überregionale Black Metal Szene in Münster, die sich obendrein die letzten Jahre noch einmal gefühlt erweitert hat.
UG: Dann ist Münster aber jedenfalls kein komplett unbeschriebenes Blatt, wie man es in sterbenden Szenen wie z.B. Stuttgart vorfindet und das Culthe Fest ist ja auch ein inzwischen doch recht etabliertes Event. Gibt es hier Synergien, oder versuchst du, eher noch ein ganz anderes "Gewürz" in den Musik-Topf zu werfen?
Simon: Ich denke, das eine schließt das andere nicht aus. Synergien werden sich zwangsläufig immer dann ergeben, wenn regelmäßig gut organisierte Events innerhalb eines Einzugsgebiets stattfinden. Ganz unabhängig davon, was das Rezept des anderen ist, so bereichert es die Szene und sorgt dafür, dass jene nachhaltig mit guter Livemusik versorgt wird. Und anders herum bereichert die Szene wieder dadurch die Festivals und Konzerte. Zudem erhöht sich auch aus Sicht der Künstler der Stellenwert der münsterländischen Szene und Münsters Bühnen werden zunehmend attraktiver, auch für internationale Genregrößen. Also ja, Synergien ergeben sich, auch wenn sicherlich jeder für sich seine ganz eigene Gewürzmischung hat und seine Vision eines etablierten und erfolgreichen Events verfolgt. Wir müssen natürlich darauf achten kein Überangebot an ähnlichen Konzerten anzubieten, um hier keine Übersättigung in der ohnehin schon reichlich dichten Konzertlandschaft zu erzeugen. Aber das haben wir bisher ganz gut hinbekommen. So findet zum Beispiel das Wintermelodei Anfang Dezember statt, während das Culthefest um Ostern herum seine Pforten öffnet.
UG: Trve dat. Wie wuppst du die Events bzw. wie baut sich dein Team auf?
Simon: Im Grunde genommen steckt der große Teil der Arbeit natürlich in der Organisation im Vorfeld. Ich arbeite beispielsweise jetzt schon seit einiger Zeit an dem Wintermelodei 2020, fange langsam an ein paar Dinge abzuklopfen, Kontakt mit Bands und Bookern aufzunehmen, mögliche Touren in Erfahrung zu bringen usw. Die Arbeit für ein Festival erstreckt sich also über einen ziemlich langen Zeitraum. Und solange ist es tatsächlich eine One-man-show. Natürlich berate ich mich hier und da mit Freunden und höre mir auch gern mal Band-Vorschläge an oder dergleichen, aber im Grunde genommen bringe ich durch meine Vorbereitung das Event bis zum Tag X. Einen Dank an dieser Stelle an meine Frau, die das Jahr für Jahr aushalten muss und mir mental zur Seite steht. Wir können das also mit der "One-man-Show" wieder streichen! *lacht* Am Tag des Events brauche ich dann natürlich tatkräftige Unterstützung. Mein Team setzt sich dann aus Freunden, Bandkollegen und Familie zusammen, die dann alle an einem Strang ziehen. Zudem haben sich über die Zeit feste Beziehungen mit den Dienstleistern gebildet. Sei es das Team der Sputnikhalle, die Ton- und Lichtmenschen, die Promotion-Leute, die Bookingagenturen, Label und Druckereien etc.
UG: Also klassisch Hands-On und der gute Family Support! Das Billing für dieses Jahr liest sich auf jeden Fall sehr gut - Wo soll es denn mit 2020 hingehen?
Simon: Mit jedem Konzert lernt man wieder hinzu. Man versucht, Dinge noch besser zu machen, Abläufe zu optimieren und Fehler, die passieren, zu erkennen und beim nächsten Mal zu vermeiden. Wenn du merkst, dass du auf dem richtigen Weg bist und sich dein Festival positiv entwickelt, solltest du nicht an zu vielen Schrauben gleichzeitig drehen oder zu große Sprünge machen. Alles muss reifen und sich Stück für Stück etablieren. Ich werde daher auch für 2020 keine wahnwitzigen Sprünge machen, sondern eher weiter an Qualität und Exklusivität der Bands arbeiten, den Hebel weiter bei Sound und Licht, der Versorgung der Gäste und Bands, sowie dem reibungslosen Ablauf ansetzen. Ich bin davon überzeugt, hier noch viel herausholen zu können, bevor ich (wenn überhaupt) größere Veränderungen angehen würde. Nur bleibt jetzt erst einmal das diesjährige Festival abzuwarten, bevor ich weiß, an welchen Stellschrauben ich überhaupt drehen darf. Das kann ebenso bedeuten, mal einen Schritt zurück zu machen, wenn man merkt dass man falsch lag und das Festival nicht erfolgreich verlief. Und wir definieren als Erfolg denjenigen, bei dem sich das Festival von selbst trägt und man kein privates Geld investieren muss. Dann sollte man ehrlich zu sich selbst sein, sich einen etwaigen Fehler eingestehen und nochmal bei Null ansetzen. Das kann bedeuten, dass man sein Konzept überdenken muss, den Kostenapparat herunter fährt oder sogar mal ein Jahr aussetzt. Als Veranstalter lebst du immer mit dem Risiko, aufs Maul zu fallen.Gleichzeitig ist dies auch der Reiz daran.
UG: Auf die Schnauze fallen ist richtig und wichtig, um die Sache noch besser zu machen. Natürlich schöner, wenn man es auch ohne das hinbiegt. Wir sind auf jeden Fall gespannt auf die nächste Edition und behalten das Event weiter im Auge - Die letzten Worte liegen bei dir.
Simon: Erst einmal möchte ich mich bei dir/euch für das Interview bedanken. Hat Spaß gemacht. Dann an dieser Stelle danke an die Leute, die aus allen Ecken Deutschlands, Holland, Belgien, Frankreich ihre Karten für das diesjährige Wintermelodei gekauft haben. Der Vorverkauf ist ein wichtiger Bestandteil eines Festivals, der einem eine gewisse Sicherheit gibt und ohne den es kaum möglich ist, so etwas zu stemmen. Danke für euer Vertrauen in Schwarzlicht Konzerte. Wir haben jetzt noch knapp fünf Wochen bis zum Showdown. So langsam gehen wir ins Finetuning und letzte Dinge werden organisiert und abgestimmt, damit wir dann alle gemeinsam ein richtig geiles Festival feiern können. "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will." (J.J.Rousseau) Demnach hoffe ich, ihr wollt am 07.12. nicht nutzlos auf der Couch herumliegen, sondern lieber vorbeikommen, starke Bands sehen und es euch in der Sputte gutgehen lassen! Bis dahin! Cheers!
Das Interview führten Simon Wiedenhöft und Grave für Undergrounded. Mehr Infos bekommt ihr hier: Schwarzlicht Konzerte