Es scheint momentan mehr und mehr „en vogue“ zu sein auch Comedy mit Metal zu mischen – J.B.O als Urgesteine haben zumindest in der Musik im deutschsprachigen Raum den Vorreiter gemacht und inzwischen sieht man auch einen Bülent Ceylan auf großen Metalfestivals den Kasper geben.
Ob man das jetzt gutheißt oder ob man dem „Quereinsteiger“ Ceylan den Metalfan abkauft, wenn er seine Haare auf den toten Festivals der Republik schwingt und ansonsten nur Humor ala Mario Barth hinrotzt - sei vor allem Diskussionsmasse. Aber was passiert eigentlich im Underground? Ein kurzes und treffendes Video zum Thema „Rocken“ des Österreicher-Kabarettisten „Richard Metfan“ hat unser Interesse geweckt und es ist Zeit mal den echten Humor in der Szene zu beleuchten.
UG: Servus Richard!
Richard: Servus!
UG: Dein Video zu Thema "Rocken" ist ja fast am explodieren - 40.000 + clicks sind im "Underground" schon eine echte Hausnummer. Dazu die Frage - "Was rockt eigentlich"?
Richard: Für mich alles was echt ist und vom Herzen kommt. Ich bin der Meinung, dass es auch Schlager-Bands, oderPop-Bands gibt, die "rocken" - nicht viele aber doch einige.... - ich habe jahrelang als Roadie gearbeitet und da erlebt man mit, wie Musiker das was sie machen, gerne machen und es auch so rüber bringen. Solche Bands haben meinen vollsten Respekt. Leider ist es aber so, dass man heutzutage die Setlist schon Monate vorher weiß und die Bands geben dieselben Zugaben, egal ob die Leute danach rufen oder nicht. Da hätten die Bandmitglieder auch gleich Beamte werden können. So nach dem Motto "Dienst nach Vorschrift". Sobald man etwas nur mehr wegen der Kohle macht, oder um ein paar "likes" mehr zu bekommen, ist es meistens mit dem "rocken" vorbei.
UG: Das würde ich durchaus streitbar sehen, da "rocken" für mich selbst schon recht eng definiert ist. Ich würde im Fall von Pop-Bands vielleicht eher Wörter wie "energetisch" oder "partytastisch" wählen statt rocken. Warum wird deiner Meinung nach gerade das Wort "rocken" so inflationär für alles gebraucht - Und wie könnte das neue geforderte Wort für "Rocken" in der Popbranche lauten?
Richard: Keine Ahnung - DIE haben unsere Begriffe gestohlen!!! Die haben unsere Kleidung und die Tattoos gestohlen.... DIE sollen sich gefälligst was ausdenken..... ICh weiss, ich komme jetzt extrem arrogant und engstirnig rüber, aber schau Dir mal an, was in den letzten JAhren passiert ist. Ich habe Ende der 80er angefangen MEtal zu hören, weil ich schon immer wusste, dass ich anders bin... Mit haben der Lebensstil gefallen, die Shirts, die langen Haare, die Tattoos, die Piercings - heute laufen Börsianer mit Ganzkörper-Tattoos herum... zurück zum Thema - ich mache mir wirklich keine Gedanken, welchen Begriff die nehmen sollen. Wenn Dir jemand die Freundin oder Frau ausspannt, bezahlst Du dem neuen Lover ja auch nicht die Kondome, oder? Vor allem - ich bin ja nur ein kleines Würsterl, der halt zufällig ein Video gepostet hat, das wie eine Bombe in der Szene eingeschlagen hat. Ich werde auch in Zukunft ab und zu Videos online stellen, aber ich bin mir sicher, dass werden sich nur mehr ein paar hundert Leute ansehen. Ist auch ok. Ich suche weder Berühmtheit noch Ruhm.
UG: Geiles Bild von wegen Kondome für die Ex kaufen *lacht* Aber mal Butter bei die Fische, klar ist es von unten immer einfach zu sagen man will nicht den Bekanntheitsgrad oder Aufmerksamkeit haben aber wenn der Ruhm erstmal da ist, gibt es doch viele die den eigenen Ausverkauf zelebrieren. Ich kaufe z.B. einem Ceylan den Metalhead irgendwie nicht ab, wenn er auf Wacken steht und irgendwelche Platten Jokes abreißt. Du sagst auf deiner Homepage dass du kein Metalkabarettist bist, sondern ein Kabarettist, der Metal hört – Was bedeutet das für dich in dem Zusammenhang?
Richard: Das ich einfach ein Metal-Fan bin, der zufällig Kabarett spielt! Es kommt das Thema "Metal" in meinem Programm vor, aber nur, weil es Teil meines Lebens ist und ich bringe es so rüber, dass es auch 70jährige Damen verstehen. Ich könnte das Thema dann mehr und mehr ausweiten, ABER ich schreibe gerade an meinem 2. Programm und da kommt das Thema "MEtal" überhaupt nicht vor. Ich weiss nicht, ob Du das weisst, aber ich bin - glaube ich - der einzige Kabarettist in ÖSterreich, der auch als quasi "Vorgruppe" vor Rock- und Metal-Bands auftritt und auch diverse MEtal-Events moderiert. Das macht einfach Spass, aber ich plane wirklich keine grosse Karriere. Ich habe früher auch Tourbetreuungen für diverse österr. Künstler gemacht und miterlebt, wie das so ist, wenn man nicht einmal in ein Einkaufszentrum gehen kann, ohne das plötzlich 100 Menschen auf einmal ein Autogramm wollen, oder ein Foto. So was ist nicht mein Lebensziel und, wie gesagt, ich habe keinen grossen MArketingplan.... Ich will einfach nur ab und zu auftreten, spielen und Spass haben.... Ich mach das einfach gerne und ich hoffe, ich kann das auch rüber bringen. Für ein wenig Ruhm will ich mich einfach nicht verbiegen... UND vor allem - ich bin ja in Wirklichkeit extrem schüchtern - glaube es oder nicht! Ich habe mal ein interessantes Interview mit Robb Flyn von MAchine Head gelesen, wo er erzählte, dass eines seiner grössten Wünsche war, mit Metallica zu spielen. Dann wurde er gefragt, ob er bei einer Tour Support spielen will und er hat natürlich ja gesagt. Sein kleiner Sohn war extrem sauer auf ihn, da Papa noch länger auf Tour blieb und weigerte sich mit ihm am Telefon zu sprechen. Es ist oft nicht einfach, sein Ding durchzuziehen, wenn man Familie hat...... Für die Leute im Publikum ist es wahrscheinlich nicht nachvollziehbar, aber die Familie ist wichtig, sehr wichtig und was bringt es einem, wenn 10000 Leute jubeln, dein eigenes Kind aber zuhause weint, da Papa nicht da ist...... - ok
UG: Das klingt für mich wie eine gesunde Einstellung – Ich denke man merkt recht schnell wenn jemand um jeden Preis versucht oben anzukommen und sich dabei selbst verliert. Respekt vor der eigenen Kunst und der eigene Spaß sind vor allem im „Underground“ der Garant für Erfolg. Wenn dieser dann hammerhart um die Ecke kommt – umso schöner und ehrlicher. Erzähl doch mal jemand der dich und dein Programm nicht kennt in ein paar kurzen Sätzen was er erwarten darf wenn er dich sieht.
Richard: Ich erzähle einfach ein wenig aus meinem Leben. Wie ich ohne Vater aufwuchs, wie ich mit meinen Grosseltern, die einen Jahrmarktstand mit Spielzeug hatten von Kirtag (Kirchenweihe) zu Kirtag fuhr, schon in ganz jungen Jahren zu arbeiten begonnen habe, wie ich durch den dauernden Schlafmangel massiv Probleme in der Pubertät mit dem anderen Geschlecht hatte, wie ich zum Metal-Fan wurde, wie dadurch die nächsten Probleme mit dem anderen Geschlecht begannen, meine Erlebnisse mit meiner Lieblingsband "Metallica" - wie mir James Hetfield fast den Zahn ausgeschlagen hätte, die Wirkung von Uniformen auf die Damenwelt und und und…
UG: Also praktisch einfach den Alltag eines Metalheads und darüber hinaus – Ich meine wer kennt das nicht, erst letzte Woche wollte mir James Hetfield auch einen Zahn ausschl… aber ich schweife ab *lacht*. Was war denn bisher dein persönlich größter Erfolg deiner Kabarett-Karriere und was fehlt noch auf der Liste?
Richard: Meine grössten Erfolge sind immer, wenn ich Leute im Publikum sitzen sehe, die mit fadem Gesicht da sitzen und die Arme verschränkt haben und man sieht ihnen an, dass sie hier nicht sein wollen und irgendwie gezwungen worden sind ... Wenn ich diese LEute zum lachen bringe, bwz. zum schmunzeln, DANN ist es ein ERfolg für mich!!! Ich bin schon in Pizzerias vor 4 Leuten aufgetreten und auf Festivals vor ein paar tausend Leuten, in einem Swinger-Club, wo gleich neben der Bühne ein Riesenfernseher hing, wo sie einen Porno spielten, WÄHREND meines Auftrittes - ABER es hat trotzdem Spass gemacht. Ich würde sagen, mein grösster ERfolg war einmal in Salzburg, da hat einfach alles gepasst und es war eine grossartige Stimmung und die LEute haben nicht mehr aufgehört zu klatschen und wollten eine Zugabe nach der anderen... Was mir noch fehlt.... Ich würde gerne mal vor MEtallica auftreten....
UG: Stell ich mir schwierig vor direkt neben einem laufenden Porno die Leute zum Lachen zu animieren - Comedy vs. Ficken *lacht* - Aber Metallica scheint ein großes Thema für dich zu sein - Was verbindet dich mit der Band?
Richard: Es war Ende der Achtziger, als mir ein Freund dauernd irgendwelche Platten (kennt die noch jemand) oder Kassetten (ein Ipod mit 2 Löchern - für die jüngeren Leser) mit diversen Metal-Bands vorbeibrachte... und ich war kein Metal-Fan und dachte immer, meine Stereo-Anlage wäre kaputt oder die Boxen.... und eines Tages brachte er mir "Ride The Lightning" vorbei ---- es war Liebe auf dem 2. Blick.... von diesem Tage an war nichts mehr so wie früher, mein ganzes Leben hat sich damals verändert. 1992 habe ich die Band am Flughafen getroffen und wie waren mehr als freundlich. Im Laufe der Jahre habe ich sie dann noch öfters getroffen und sie waren IMMER extrem nett und freundlich - Jetzt kommen sie leider nur mehr auf Tour, wenn sie Kohle brauchen, so kommt es mir halt vor. Die ganze Setlist ist ein einziges "auf Nummer sicher gehen".
UG: Was Schade ist – Wenn man die Kohle sicher hat kann man doch gerade in der Regel das tun auf was man Bock hat? Aber das ist auch meine grundsätzliche Kritik am ganzen Mainstream - Es muss Geld bringen sonst wird’s nicht mehr gemacht. Wer würde z.B. hindern einfach mal in 10 kleinen Clubs ohne Vorankündigung wie früher zu zocken? Wahrscheinlich das Label, aber das würde ich z.B. machen, einfach um zu zeigen und zu ehren wo man eigentlich hergekommen ist. Der Wiener „Schmäh“ wie ich das jetzt mal bezeichnen würde ist ja schon schwer ausgeprägt bei dir, was dein Video nochmal (zumindest für mich als Schwabe) um 100% lustiger macht. Könntest du auch Hochdeutsch „kabarettieren“ oder sagst du dir „Gö ma furt du Gratler“?
Richard: Ab und zu spiele ich ja in Deutschland und ich bitte die Leute immer vorher, sofort zu rufen, wenn sie etwas nicht verstehen - funktioniert bestens. Ich kann aber auch fein sprechen, also hochdeutsch... Das mit der Kohle ist so eine Sache. Ich spiele jetzt seit 4 Jahren Kabarett und habe schon wirklich viel Geld reingesteckt, von der Zeit gar nicht zu sprechen. Irgendwie verstehe ich es, wenn Bands Kohle verdienen wollen. Kein Mensch will gratis arbeiten. Es ist halt immer die Frage des "wie"...
UG: Ein schöner Schlussatz - Für mich stellt sich eben die Frage wie viele vergoldete Türknäufe man in der Villa braucht und wieviel man von sich selbst dafür "verkauft" Aber das muss jeder selber wissen. Vielleicht noch zum echten Finale - Wo kann man dich in den nächsten Wochen sehen?
Richard: Am Strand von Italien!!!! Jetzt ist erstmal Urlaub mit der Familie angesagt. Im Herbst sind bis jetzt nur einige Moderations-Termine fix, aber ihr findet alle meine Termine unter www.richardmetfan.at - und ich möchte mich auf diesem Weg nochmal herzlich für das Interview bedanken, sowie allen Leuten, die mir sooo nette Feedbacks auf das Video gegeben und es auch geteilt haben!
UG: Danke für deine Zeit, wir sehen dich auf der Bühne!
Das Interview führten Grave und Richard Metfan - Kabarettist und Metalfan aus Überzeugung. Weitere Informationen findet ihr unter www.richardmetfan.at