Viele Live-Aktivitäten, voller Einsatz auf der Bühne und Hingabe beim Artwork und dem Umgang mit den Fans: das war das Konzept von Hallig in 2023. Wenn dann parallel noch neues Material abgeliefert wird und dabei das Ziel verfolgt wird, immer besser zu werden, dann nennt man das Herzblut. Und Herzblut zahlt sich in der Szene meist aus. Genau das durften die Bochumer von Hallig erleben, als sie in der Höhle in Balve am ersten Tag des Black Hole Fest Germania nicht nur zur Prime-Time ran durften, sondern für manche sogar zu den Highlights des ganzen Festivals zählten. Und auch bei der ausverkauften Wintermelodei in Münster wurde abgeräumt: der Band gelang hier ein geiler Auftritt, der von Undergrounded für die Nachwelt komplett im Video festgehalten wurde. Nach dem Gig schnappten wir uns A. von Hallig für ein Gespräch. Er erzählte uns, dass er im Proberaum genauso abgeht wie auf der Bühne, dass für das nächste HALLIG-Album schon acht neue Songs stehen und dass für ihn 30 oder gar 35 EUR für ein einseitig bedrucktes Shirt am Merch-Stand nicht in Frage kommen.
U.G.: Moin A., schön dass du Zeit für uns hast. Ihr habt gerade Euren Gig auf der diesjährigen Wintermelodei in Münster gehabt. Wie war's und was nehmt Ihr aus Münster mit?
A.: Hallo Skog, ich grüße Dich. Vielen Dank für diese Gelegenheit. Die Wintermelodei war unser letztes Konzert für 2023 und ein perfekter Abschluss. Ausverkauftes Haus mit einer bombastischen Stimmung und einem frenetischen Publikum. Der Support der Fans auf diesem wunderbaren Festival hat unseren Auftritt zu etwas Besonderem werden lassen. Das Feedback war wirklich großartig. Das alles nehmen wir mit ins neue Jahr.
U.G.: Ich habe Euch gerade am Merch-Stand beobachtet. Ihr bietet dort sehr hochwertige Bundles aus LP und schönem Hallig-Textilbeutel an. Für die Fans habt Ihr dort die Platten extra ausgepackt, signiert und alles wieder zusammengepackt. Die Fans sind bei so einer Hingabe ja selig. Egal ob auf der Bühne oder am Merch-Stand: ihr hängt Euch immer voll rein für Eure Sache und für die Fans. Gleichzeitig ist Euer Artwork immer ausgefeilt. Ihr legt schon Wert auf die Details, oder?
A.: Gerade beim Merch wollen wir den Leuten auch was bieten. Die Sachen dienen ja der Überführung der Musik ins Visuelle, es gehört schließlich alles zusammen. Da wir auch beim Merch wie bei der Musik Wert auf Qualität legen, wollen wir den Leuten natürlich keinen Schrott anbieten, z.B. Textilien, die nach dem dritten Waschgang auseinanderfallen. Die Leute sollen mit der Gewissheit nach Hause gehen, dass Sie auch was Wertiges erhalten haben für ihr hart verdientes Geld. Wir nehmen uns deswegen immer gerne Zeit für jeden Supporter von HALLIG. Unsere eigenen Ansprüche treiben die Produktionskosten leider deswegen schon mal in die Höhe, worunter auch der Endpreis etwas leidet. Wir können die Sachen nun mal nicht günstiger anbieten, als sie gekostet haben. Dafür bekommen die Leute wirklich etwas Besonderes zurück, wie z.B. bei dem von Dir erwähnten Bundle. Das wird auch von vielen honoriert. Seit 2020 beobachten auch wir einen drastischen Anstieg der Preise für Merch, oft zu Unrecht. 30-35 Euro für billig produzierte einseitig bedruckte Shirts von BM-Bands sind leider keine Seltenheit, wie vor kurzem mal wieder beobachtet. An dieser Entwicklung werden wir uns sicherlich nicht beteiligen, ganz im Gegenteil.
U.G.: Wer macht denn eigentlich Euer Artwork?
A.: Das Artwork für unsere Alben und den Merch entwerfen wir in der Regel selbst. Wir haben in der Vergangenheit aber auch mit Chris von Misantrophic-Art zusammengearbeitet, zuletzt beim Layout für die Split mit FRIISK. Er ist generell eine sehr gute Adresse, wenn es um hochwertiges Artwork geht.
U.G.: Ihr habt dieses Jahr viel live gespielt und wart zuletzt auch in der Höhle in Balve beim Black Hole Fest Germania. Da habt Ihr voll abgeräumt und durftet zur Prime Time als Ersatz für Ellende spielen. Ich hatte den Eindruck, dass alle – einschließlich Ihr selbst - von dem Gig in der Höhle schlicht überwältigt waren. Stimmt das? Erzähl mal von Balve.
A.: Wir sind relativ kurzfristig eingesprungen für ELLENDE, die einen Trauerfall zu beklagen hatten. In der kurzen Zeit bis zum Festival haben wir versucht uns so gut wie möglich vorzubereiten. Mit außergewöhnlichen Locations hatten wir ja bereits durch unsere beiden ausverkauften Konzerte im Planetarium Bochum gute Erfahrungen gemacht. Leider reichte die Zeit nicht, um noch einige unserer Ideen für die Höhle umzusetzen. Der Auftritt zur Prime Time (laut Plan um 21Uhr) war aber dennoch grandios! Die ganze Location und insbesondere das Publikum, mit dem wir die Höhle fast zum Einsturz brachten, das bleibt sicher bei uns allen nachhaltig in Erinnerung. Da sich vor unserem Auftritt bereits einiges an Verzögerung angesammelt hatte und es erst gut 30 Minuten später losging, mussten wir unser Set leider etwas kürzen und durften anschließend auch keine Zugaben mehr spielen, die vom Publikum lautstark gefordert wurden. Das war der einzige Wermutstropfen dieses Abends, der ansonsten wirklich großartig war. Was das Black Hole-Team um Reto, Tamara und Sven dort auf die Beine gestellt hatte, war wirklich beeindruckend.
U.G.: Du persönlich lebst Hallig ja zu 100 Prozent – das sieht man schon Deinem Einsatz auf der Bühne an. Das gilt auch für Deine Mimik. Die Fans feiern das voll ab. Du kannst nicht anders, oder?
A.: Ha ha, eindeutig nein. Ich lebe unsere Musik auf der Bühne, das lässt sich offenkundig nicht verleugnen. Wenn die Fans das anerkennen, ist es im Grunde für HALLIG eine gute Sache. Damit habe ich sicherlich kein Problem, im Gegenteil. Bei unseren Proben soll es übrigens - laut den anderen Jungs – auch nicht viel anders aussehen.
U.G.: Im Hartschnack-Podcast habt Ihr den Stil von Hallig mal als rau und verspielt bezeichnet und dafür den Begriff "Minimalbombast" geprägt. Was ist damit genau gemeint und gilt das überhaupt noch?
A.: Es ist immer schwierig die eigene Musik genau zu definieren und zu erklären. Das ist ja eigentlich Euer Job;-) Ich denke, dass damit vor allem auch die Verdichtung von „rau“ und „verspielt“ gemeint sein sollte. Es geht darum, auf den Punkt genau das Ganze explodieren zu lassen. Für mich persönlich bedeutet „Minimalbombast“ auch die Herausforderung, die im Studio aufgenommen und oft mit drei oder vier Gitarren angereicherten Songs für Live so zu arrangieren, dass sie noch brachialer und aggressiver gespielt werden können, ohne die charakteristischen Melodien zu sehr zu vernachlässigen. Ich versuche beim Songwriting ja oft auf Momente hinzuarbeiten, die in uns seelisch immer etwas auslösen, eine Erschütterung, einen Schmerz, Melancholie. Das wollen wir natürlich auch auf der Bühne erreichen. In englischsprachigen Reviews zu unserer Musik konnte man öfter mal das Wort „blissful“ lesen, was sicherlich auch eine legitime Interpretation für die Musik sein dürfte. Andere beschreiben unseren Stil als atmosphärisch und gleichzeitig bombastisch. Letztlich interpretiert und erlebt jeder Hörer unsere Musik immer auf seine eigene individuelle Weise. Wir machen ihm ein Angebot und stellen unsere Musik lediglich in den offenen Raum seiner Wirklichkeit. Jede Reaktion darauf ist uns willkommen.
U.G.: Wie entsteht neues Material bei Euch? Wer macht was?
A.: Neues Material entsteht auf verschiedenen Wegen. Hauptsächlich kümmern sich die Gitarristen um neue Songs. Oft komme ich mit kompletten Demoaufnahmen um die Ecke, in denen bereits alle Spuren enthalten sind und bei denen wir uns dann nur noch um die Feinheiten kümmern müssen. Neue Songs entwickeln wir aber auch von Grund auf im Proberaum. Das funktioniert nur nicht immer, da die Muse oft keine Rücksicht darauf nimmt, wo man sich gerade befindet. Manchmal ist da auch viel Arbeit von zu Hause aus gefragt und wir schicken uns dann unsere Projekte (wir nutzen vorwiegend Garageband dafür) hin und her, bis die Sachen sitzen und alle zufrieden sind.
U.G.: Eure Split mit Friisk ist geil, hat aber keinen Titel. Wie kam es zu dem Werk?
A.: Es freut mich, dass Dir die Split gefällt. Die ersten Gedanken dazu reichen bereits zurück in das Jahr 2019. Wir spielten gemeinsam mit FRIISK auf einem Festival und verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Musikalisch würden sich die Bands auf einer gemeinsam Split sehr gut ergänzen, das war uns nach den beiden Auftritten direkt bewusst. Bis es dann konkret wurde zogen dann noch ein paar Jahre ins Land. Wir haben die Kooperation mit FRIISK sehr genossen, alles super Typen, sowohl musikalisch als auch charakterlich. Ich kann nur jedem empfehlen in ihre Sachen reinzuhören. Wir einigten uns dann gemeinsam auf ein Layout, das wie erwähnt von Misantrophic-Art umgesetzt wurde und wirklich hervorragend zur Split passt. Einen Titel brauchte es ab da auch nicht mehr. Die Scheibe spricht für sich selber.
U.G.: Anders als Eure letzten Alben habt Ihr die Split komplett bei Black Metal Promotion hochgeladen. Wieso? Ist es die außergewöhnliche Reichweite der 375.000 Follower, die Black Metal Promotion bietet? Oder was steckt sonst hinter der Entscheidung?
A.: Das geschah auf Veranlassung von VENDETTA RECORDS, die unsere Scheibe ja veröffentlicht haben. Die Idee dahinter war, dass wir bis zum Tag der Veröffentlichung weder Promotion noch irgendeine Ankündigung zu dem Album machen würden, alles also komplett unterm Radar läuft. Dafür sollte die Split dann am Erscheinungstag auf einem Kanal mit großer Reichweite hochgeladen werden. BMP war dafür natürlich ein geeigneter Partner. Es war mal eine eher ungewöhnliche Promotionstrategie, die aber durch den erhofften Überraschungseffekt voll aufging.
U.G.: Ihr arbeitet gerade an neuem Material und habt davon auch bei Eurem Auftritt schon was hören lassen. Offenbar habt Ihr zwei alte Songs, die zwei neuen von Eurer letzten Split und zwei ganz neue Songs gespielt!? Hab ich das richtig mitbekommen? Und wann kommt das neue Album? Was erwartet die Fans?
A.: Ja, genau, das war exakt die Mischung auf der Wintermelodei. Wir haben bei den vergangenen Konzerten z.T. auch schon andere noch unveröffentlichte Songs aus unserem Repertoire gespielt. Es sind im Moment gut acht neue Songs geschrieben und arrangiert, so dass es nicht mehr allzu lange dauern kann bis wir ins Studio gehen. Die gespielten neuen Songs der Konzerte und auch die beiden Split-Songs vermitteln schon einen recht guten Eindruck in welche Richtung es gehen wird. Sicher ist, dass wir natürlich alles dransetzen werden „A Distant Reflection of the Void“ zu toppen. Da sind wir guter Dinge, auch und vor allem, weil das Feedback zu den neuen Songs bisher überaus positiv war.
U.G.: Ihr holt im Februar 2024 Euren ausgefallenen Auftritt in Oberhausen nach und spielt da zusammen mit Vorga und Pestlegion. Freut Ihr Euch? Welche Rolle spielt das Helvete in Oberhausen für die Szene? Und was ist für nächstes Jahr bei Euch live geplant?
A.: Wir sind natürlich froh darüber, dass wir so schnell nochmal Gelegenheit bekommen, im altehrwürdigen Helvete zu spielen. Das lief krankheitsbedingt leider im Oktober sehr unglücklich für uns und die Fans. Aber auch diesmal haben wir wieder ein hervorragendes Line-Up um uns herum, so dass jeder Karteninhaber einen Abriss erwarten kann.
Wenn man mal ins Helvete-Programm der letzten Jahre schaut, wird jedem die Bedeutung des Ladens für das Ruhrgebiet schnell klar. Sicherlich gibt es auch noch andere Hotspots für Black Metal-Konzerte, insbesondere in Essen und neuerdings auch in Dortmund und Bochum. In den gut 15 Jahren seines Bestehens hat sich das Helvete aber doch einen gewissen Ruf für extremen BM erarbeitet, der auch weit über das Ruhrgebiet hinausstrahlt.
Für 2024 planen wir wieder einige ausgewählte Auftritte, über die wir natürlich rechtzeitig informieren. Es muss nächstes Jahr vor allem zeitlich gut passen, da die Aufnahmen zum neuen Album Priorität haben. Sicherlich wird es erst wieder ab dem Herbst vermehrt zu Auftritten von HALLIG kommen.
U.G.: Letzte Frage: Derzeit stellen alle ihre Top-Listen der besten Black Metal-Veröffentlichungen 2023 zusammen. Was sind Deine Highlights aus 2023? Hast Du irgendwelche Geheimtipps, mit denen man die Zeit bis zum nächsten Hallig-Album sinnvoll überbrücken kann?
A.: Ich denke, es geistern gerade genug qualifizierte Top-Listen durchs Internet, da muss ich meinen Senf nicht auch noch dazugeben;-) Wer die Zeit bis zum nächsten HALLIG-Album sinnvoll überbrücken will, sollte einfach in unsere alten Veröffentlichungen reinhören. Kein Geheimtipp, aber es lohnt sich!
U.G.: Danke für das Interview, A. Freu mich schon auf Euren Abriss im Helvete im Februar!
Das Gespräch führten A. für Hallig und Skog für Undergrounded. Mehr Informationen hier:
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