Und weiter geht's mit Tag 2 unseres Festival-Reviews vom diesjährigen Under The Black Sun. Auch am Freitag konnte sich das Billing absolut sehen lassen und wir hatten das ein oder andere Highlight auf der Freilichtbühne Friesack zu Gast zum 25-jährigen Jubiläum.
Der Freitag sollte, langschläfer- und brandgerecht, gegen 14:00 Uhr mit den Schweizern von Pechstein beginnen, die vielen aufgrund von mangelnder Online-Präsenz ziemlich unbekannt gewesen sein durften (nicht mal bei metal-archives.com gelistet) - und gerade deshalb haben sie umso mehr Eindruck gemacht. Viele umgedrehte Kreuze in der Deko inklusive Wappenschild und Hellebarden verwiesen deutlich auf die Inhalte...
Tag 2 um 14.00 ist bekanntermaßen ein etwas undankbarer Timeslot und es wird sicherlich einige Besucher gegeben haben, die sich geärgert haben, Pechstein verschlafen zu haben - denn dies war schon ein starker Einstieg! Klar, viel Pathos, die Songnamen auf ein Stück Pappe geknallt, die Titel wie "War" und "Fuck the World" enthüllten - aber mit ihrer über 40min dauernden Black Metal-Show mit merklichen Marduk-Anleihen haben die Schweizer über die Zeit immer mehr Besucher vor die Bühne gezogen. Gut, wer's erlebt hat!
Nachtrag: In unserem Podcast behaupten wir fälschlicherweise, Pechstein hätten keine physischen Releases vorzuweisen - das ist natürlich totaler Humbug und wir haben euch schamlos angelogen, wie uns die Veranstalter deutlich machten. Das Album "Raging Flames Of Salvation" haben die Schweizer 2023 in die Welt gehustet und kann nur bei der Band selbst erworben werden!
Die Bayern Valosta Varjoon sind inhaltlich sicher vom großen Rest der sich ernst nehmenden BM-Künstler zu unterscheiden: Dass bayrische Mundart, Lokalpatriotismus und Black Metal zusammen gehen können, ist vielleicht für Szene-Hardliner nur schwer vorstellbar gewesen; ist aber seit 2016 Realität geworden. Die Band aus Neumarkt an der Oberpfalz bringt natürlich den mit Alkohol verbundenen Fun-Faktor mit sich, das halbherzige Corpsepaint wirkte tatsächlich etwas deplatziert; trotzdem sind Valosta Varjoon musikalisch lupenreiner Black Metal mit viel fesselndem Drive, der hier mit steigendem Alkoholkonsum auf der Bühne auch stetig an Fahrt aufnahm. Ihr aktuelles Werk "Boarisch grattlig" wurde mit vielen Songs auf die Bühne gebracht - und die Truppe brachte auch viele Fans mit Feierlaune mit!
Nach kurzer Umbaupause durch die eingespielte Stage Crew war nun mit Wolves of Perdition wieder Schluss mit lustig: Die Finnen präsentierten unter Einsatz von Blut und Corpsepaint mit stets bösem Blick nun wieder fiesen und schnellen Black Metal von ihren zwei Alben "Ultraviolence" (jüngst erschienen) und "Ferocious Blasphemic Warfare" (2021). Die immer wieder durch schöne Melodien aufgelockerten Songs gingen gut rein und Wolves of Perdition, deren Songnamen an viel plattere und Black'n'roll-lastigere Stilistika erinnern, als sie tatsächlich präsentieren, sind schon seit 2017 unterwegs - und wer die Truppe um Frontmann Varjo mit Unterstützung von Curse Upon A Prayer-Stimme Ari Pitkänen noch nicht im Blick hatte, wird nach diesem Auftritt wohl auch mal ein Ohr riskieren und die Studioqualitäten der Band austesten wollen. Starker Auftritt - und das heftige, kontroverse "Muslims To The Wolves" sollte hier vor allem hervorgehoben werden.
Dieser Tag 2 des Festivals ist auch der Tag Kanadas. Mit Ossuaire und Délétère wurden immerhin zwei kanadische Bands zum Auftritt verpflichtet und schon im Vorfeld wurde die Neugierde auf diese beiden Bands im Publikum diskutiert und deren Auftritte mit Spannung erwartet. Pünktlich um 17.00 Uhr war es nun an der Zeit für Ossuaire aus Montréal, die -um es direkt zu sagen- auch saustark vor dicht gedrängtem Publikum ablieferten.
Der rythmusbetonte und dementsprechend groovige Black Metal der Kanadier war, wie aus Publikumsgesprächen rauszuhören war, für viele im Rückblick der (unerwartete) Höhepunkt des Tages. Wir wollen diese Aussage so stehen lassen und hoffen, dass auch in Zukunft weiterhin die vielen guten Acts aus Kanada ihren Weg auf deutsche Bühnen finden werden. Von der aktuellen EP "Triumvirat" wurde kein einziger Song gespielt - dafür umso mehr von den beiden ersten Alben.
Black Altar haben wir ja schon beim Braincrusher Festival dieses Jahr sehen dürfen, was ja tatsächlich für die Band, die seit 1996 besteht, ihr Live- Debüt darstellte. Seitdem wurde eine kleine Tour in Südamerika absolviert, sowie weitere Festivalauftritte, sodass sich mittlerweile eine gewisse Routine bei der sympathischen Truppe eingeschlichen hat. Black Altar präsentierten in ihrer Spielzeit 6 Songs, die das ganze Spektrum der Band abdeckten.
Dazu gehörten "Black Metal Terror", "Path ov Death" und das hypnotische "Kingdom ov Razors" nebst dem obligatorischen Burzum-Cover "Jesus Tod" (offenbar gibt es kein UTBS ohne Cover von Vikernes' Opus!). Black Altar sind optisch auch immer ein Hingucker, weil die Band Wert auf eine ausgefeilte Bühnenpräsentation legt, wenn man sich nur mal den geschmückten Altar und die Outfits ansieht. Auch mit diesem überzeugenden Auftritt arbeiten Black Altar weiter an dem Ausbau ihres Kult-Status.
Die niederländischen bzw. international besetzten Asagraum lassen sich dieser Tage häufiger in Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten blicken, sei es auf Festivals oder auf kleine Touren. Der Black Metal von Asagraum wird hauptsächlich durch die prägnante Stimme von Sängerin/Gitarristin und Bandleaderin Obscura definiert. Noch mit dem durchaus vielseitigen, letzten Album "Veil of Death, Ruptured" von Ende 2023 im Ohr haben Asagraum die in sie gesetzten Erwartungen komplett erfüllt und ihren beschwörerischen Schwarzmetall wiedermal sehr gut in Szene gesetzt.
Als Ersatz für Ofermod waren zwar manche enttäuscht, dass Asagraum ja auch über den üblichen UTBS-Underground-Bekanntheitsgrad hinausgehen (immerhin treten sie auch dieses Jahe in Itzehoe auf), aber erwiesen sich dennoch als starker Programmpunkt. Bassistin Henriette war dieses Mal nicht am Start, sondern wurde durch die Deutsche Alexandra ersetzt. Wer die Möglichkeit hat, die Band live zu sehen, sollte sich das nicht entgehen lassen.
Mit Owls Woods Graves bot das UTBS auch schwer verdauliche Kost. Denn die Polen kommen mit einer gehörigen Portion Punk gepaart mit Black n' Roll ums Eck und ballerten dem Publikum schön rotzig eine Auswahl von Stücken ihrer beiden Langspieler "Citizenship of the Abyss" und "Secret Spies of the Horned Patrician" um die Ohren. Vielleicht nicht für jedermanns Ohren ein Hochgenuss, dennoch ein Auftritt, der bei uns Eindruck hinterlassen hat - auch wenn manche wohl vor dem Hardcore-Einschlag mit Gangshouts eher Reißaus genommen haben werden. Aber es strömten nicht wenige zum Merchstand, um sich mitten im Sommer den "Antichristian Hooligan"-Schal von OWG zu kaufen. Unser Team haben die Polen gespalten - lasst uns gerne wissen, was ihr von der Combo haltet!
Délétère waren dann im Folgenden die zweite kanadische Band des Tages und des Festivals. Mit ihrem dritten Full-Length-Werk aus dem November 2023 haben sich Délétère überraschend melodisch gegeben - und ohne Aggressivität und Melodie gleichermaßen vermissen zu lassen, hat der kanadische Fünfer gezeigt, wo in Quebec der Hammer hängt.
Absolut spielsicher und überzeugend mit viel Motivation führten Délétère das Publikum durch einen Querschnitt ihrer bisherigen Alben mit dem Fokus auf dem letzten. Da es mittlerweile wiederum gegen 21.30 Uhr war, kam der eingesetzte Nebel und die Lichtshow schön zu Geltung. Beeindruckend - und die Kanadier waren ja auch icht das erste Mal auf dem UTBS, als einzige Truppe dieses Jahr. Aber da konnten die Veranstalter wohl nicht nein sagen!
Tulus aus Norwegen um Frontmann Blodstrup und Drummer Sarke lockten ebenfalls eine große Menge vor die Bühne. Die Veranstalter des UTBS haben mit gleich zwei Projekten um das Ensemble einen Doppelschlag vollführt: Nicht nur mit Tulus, auch als Khold sah man die Musiker auf diesem Event - dazu aber mehr im Bericht von Tag 3.
Tulus mit ihrem Folklore-Einschlag in den Texten blieben etwas blasser, leider - aber mit Pieces von u.a. dem 2023er Werk "Fandens kall" und einem Rundumschlag in die 90er spendierte die Band ihren hungrigen Fans eine solide Show. Pure schwarze Energie - so, wie sie das Debüt-Album "Pure Black Energy" von 1996 verspricht, lieferten die Veteranen eher am Samstag mit Khold, als hier.
Ein echtes Highlight sollten eigentlich die US-Amerikaner von Happy Days werden. Zum Abschluss des zweiten Tages zelebrierten sie einen ihrer eher selteneren Auftritte und überzeugten diejenigen, die mit den letzten Alben der Band vertraut waren, unter anderem mit Songs wie "Dwell in the Insanity", "Soiled Flowers", "Hollow", "Saudade" und dem Klassiker "Don't go", der allerdings wie auf der Neuaufname des aktuellen Albums in französischer Sprache zum besten gegeben wurde.
Leider vermisste man die Stilmittel der früheren Bandgeschichte - Happy Days treten ja auch erst seit 2022 live auf und es gab auch böse Stimmen, die sagten, dass die Band ob ihrer theatralischen Art, den vielen Galgenknoten on stage und ihrer doch eher verblüffend kitschigen Show vielleicht besser nie ein Live-Ensemble hätte bekommen sollen. Dennoch erntete die Combo viel Zurspruch und man entließ das Publikum des UTBS mit melancholischem Schmerz in die Nacht, wenn man sich auf die Band einlassen konnte.
Fotos: Anna Apostata & Aen Vessah
Bericht: Haimaxia & Starduster