Auch der letzte Festivaltag des diesjährigen UTBS brachte erneut düstere Perlen mit sich und der irre Tanz sollte gleich mit der ersten Band des Tages und einer besonderen Truppe beginnen - ein paar hochkarätige Namen sollen ja noch fehlen...
Zwielicht, die mittlerweile bei Ván Records ihr zweites Full-Length-Album "The Aphotic Embrace" vorgelegt haben, begannen den Reigen am dritten Tag um 14.00 Uhr. Die präzise Spielweise und die charismatische Stimme von "LCF´s Saw" konnten von Anfang an überzeugen. Abwechslung und Atmosphäre sind bei Zwielicht Trumpf, denn immer wieder werden langsame und melodische Parts und Breaks in den sonst recht flotten und jederzeit intensiven Black Metal eingestreut, was für angenehme Auflockerung sorgt.
Wer Zwielicht bisher nicht gekannt hat, wird sich wohl nach dieser souveränen Performance die Studio-Aufnahmen zu Gemüte führen wollen. Teile unseres Teams hatten auf jeden Fall hier ein Nachholbedürfnis. Daumen hoch für einen gelungenen Einstieg in den letzten Tag - und shame on you, wenn ihr zu diesem Zeitpunkt noch lieber im Schatten saßt oder im Zelt lagt!
Die aus Mainz stammende Band Ortus hatte zuletzt mit ihrem epischen 2-Track Album "Aus der Tiefe" Anno 2021 für ein Aufhorchen gesorgt. Wir haben uns über die Gelegenheit gefreut, diese vielversprechende Band erneut auf dem UTBS erleben zu können, nachdem wir die Combo erst Anfang des Jahres im Helvete in Oberhausen sehen durften.
Der Black Metal von Ortus lebt nicht nur von seiner ausufernden Verspieltheit, sondern auch von der in vielen Teilen immer wieder präsenten atmophärische Finsternis, die in der keifenden Stimme von Sänger Namtáar Gestalt annimmt und durch die vielfach eingeflochtenen Melodien ihren Gegensatz findet. Gewiss, in Sachen Mimik und Gestik wirkt der Frontmann oft entrückt und wie besessen, beim Umherwandern auf der Bühne auch mitunter rastlos - aber wir behaupten, dass, solange es in Deutschland ambitionierte und innovative Bands gibt, wie die hier beim UTBS-Festival gesehenen, dann brauchen wir uns keine Sorgen um Nachwuchs zu machen. Ortus haben neben anderen gezeigt, dass man sich nicht hinter Szenegrößen verstecken muss. Sehr gelungener Auftritt und Zeit für einen erneuten Studioaufenthalt zur Befriedigung der erwartungsvollen Fangemeinde.
Die deutschen Unhallowed, welche auf Folter Records im letzten Jahr ihr sehr starkes Debüt-Album "Awaken The Black Flame" veröffentlichten, waren hier mit Spannung erwartet worden. Und in der Tat haben Unhallowed die Reihe der heftig guten Auftritte dieses Tages fortgesetzt: Der sowohl kraftvolle, als auch melodische Black Metal mit DM-Einflüssen hat auch live bei ihrem Bühnen-Debüt voll überzeugen können. Wir erhoffen uns noch viele großartige Alben und Auftritte dieser noch jungen und sehr vielversprechenden Combo - auch wenn man betonen muss, dass es vielleicht nicht ganz richtig ist, Unhallowed Küken- und Newcomer-Status zuzuschreiben, wo doch das Ensemble u.a. aus Musikern aus dem früheren Nornír-Umfeld besteht.
Die Griechen von Sad blicken auf eine beinahe 20-jährige Karriere zurück und dementsprechend gespannt waren wir auf den Auftritt dieser hellenischen Szene-Veteranen. Mit einer gekonnten Mischung aus dem Sound von Sargeist, die später am Abend noch einschlagen sollten, und Judas Iscariot, deren letzte Live-Show 24 Jahre zuvor auf dem Under the Black Sun stattfand, war bereits von den ersten Tönen an klar, wohin die Reise geht und so machten Sad nicht bloß einen durchaus soliden Eindruck auf dem UTBS und stellten einen klaren Gewinn für diesen Festivalsamstag dar - nein, im einsetzenden Regenschauer war manchen Besuchern, inklusive Teilen unseres Teams, komplett egal, pitschnass zu werden, sondern man schlug seine Kapuze hoch und reckte die Faust gen Himmel. Sad dürften wohl neben den ganzen Namen, die man als "obvious Highlights" bezeichnen konnte, der wohl unterschätzteste Geheimtipp des Festivals sein.
Heimdalls Wacht hatten schon vor der Show am Merchandise-Stand ordentlich auf sich aufmerksam gemacht. Wie später live erklärt ging es ja darum, sich als einzige "Baum-Kuschler von den ganzen Ziegen-Fickern" abzusetzen. Lyrisch-inhaltlich hat das sicherlich gestimmt, musikalisch reihten sich Heimdalls Wacht natürlich in den schwarzen Reigen ein - und bei ihren raren Live-Auftritten darf man sich trotzdem fragen, warum es so lange gedauert hat, bis die Band endlich das UTBS heimsucht.
Bei voll besetzter Bühne (mit immerhin drei Sängern!) wurde dann der nordrhein-westfälische Schlachtenlärm auch standesgemaß zelebriert. Offensichtlich genießt die Band auch in den östlichen Landesteilen großen Zuspruch beim Publikum. Dieser erreichte den Höhepunkt, als der alte Song "Der Glanz der Schwarzen Sonne" aus dem Jahr 2005 (hier aus inhaltlicher Nähe zum Festival) unfassbar geil abgefeiert wurde - und auch als neuere Hymnen wie "Jeder Abschied atmet den Tod" den ruhmreichen Schlußpunkt setzte. In unserem Team konnten manche endlich einen Eintrag auf ihrer Bucket List abhaken, als sie Heimdalls Wacht live sahen - immerhin bildeten sie doch teils den Einstieg in härtere Black Metal-Gefilde.
Wir können nicht sagen, wieviele BM-Hardliner sich von Heimdalls Wacht haben emotional abholen lassen, aber der nicht zu übersehende Zuspruch des anwesenden Publikums hat für sich selbst gesprochen.
Anschließend verdunkelten die Finnen Warmoon Lord die Atmosphäre wieder komplett und hatten mit neuem Frontmann und einer bis an die Zähne bewaffneten Setlist ein grandioses Aufgebot im Anschlag. Zuletzt berichteten wir von der Band, als sie ihr Deutschland-Debüt auf dem Black Hole Fest Germania 2023 gaben und direkt nach dem Gig ihren damaligen Sänger feuerten - einigen dürfte der neue Mann an den Vocals auch von Chamber of Unlight bekannt sein und genau so wie bei ihnen, bringt er auch bei Warmoon Lord eine mehr als beachtliche Präsenz mit auf die Bühne.
Vor allem bemerkenswert: Bekamen wir 2023 mit altem Frontmann noch den Eindruck, die Band verlöre sich etwas in Selbstironie und Klischees, machte die Band nun eine Kehrtwende um 180° und feuerte eine powerful Performance ab. So gaben die Finnen eine feine Songauswahl aus beiden Langspielern ab, die unter anderem "Oracles of War", "Of a Moribund Vision" und "In a Rotting Memories Grave" beinhaltete und ernteten für ihre Show viel Jubel der beiwohnenden Menge. Wir wissen, warum der Finne in unserem Team die Band als All-Time-Favourite kürt!
Die Italiener von Enisum hatten nach Warmoon Lord recht große Fußstapfen zu füllen, aber die bereits seit 2006 tourenden Ambient-Black Metal-Veteranen wussten ihre Spielzeit fantastisch zu nutzen. Sie konnten das Publikum des UTBS direkt für sich gewinnen, nicht zuletzt dank Classics wie "Arpitanian Lands" oder "The Place You Died" vom gefeierten 2015er Album.
Mit ihrer fantastischen Mischung aus träumerischen Melodien und ḱaskadischen Black Metal-Riffs versetzte die Truppe aus Turin das Publikum am frühen Abend in einen Trancezustand und ließ sich ausgiebig feiern.
Khold, deren Alter Ego Tulus bereits am Freitag auf der Bühne stand, sind seit 2001 in der Szene aktiv und hatten im Vergleich zum Auftritt tags zuvor hier viel mehr zu bieten: Mit ihrem Facettenreichtum waren sie sicherlich die souveränste Band des Festivals. Gard, seines Zeichens sowohl Sänger von Khold, als auch bei Tulus, ist unbestritten der Mittelpunkt des Geschehens; nicht nur, aber auch durch das auffallende Face-Painting, was seit 23 Jahren auf jeden Album-Cover zu sehen ist. Der groovige und abwechslungsreiche BM von Khold hat sich diesen Abend sehr empfohlen, vor allem bei der Zurschaustellung der neuen Stücke von "Du dömmes til död", welches erst im März erschien.
Headliner Sargeist aus Finnland benötigt eigentlich keine echte Vorstellung und zog wohl alle Besucher des diesjährigen Events auf das Gelände der Freilichtbühne. Die Band, die als Soloprojekt um Shatraug startete und nun seit knapp 25 Jahren unterwegs ist, hat sich in den letzten Jahren wahrlich internationalen Ruf erspielt und unzählige Releases geschaffen. Auch auf dem UTBS gab man sich räudig, dreckig, schnell - Black Metal zwischen Rock und distanziertem, gewalttätigen Pathos, der stets den okkulten Ritualcharakter hochhält.
Neben Klassikern wie "Satanic Black Devotion" wurde auch ein neuer Song gespielt, der auf den Namen "Flame Within Flame" hört und nach dem letzten Album "Unbound" von 2018 auf mehr hoffen lässt - gerade rechtzeitig zur Ankündigung von etlichen Auftritten im Jahr 2025. Leider überzeugte das aktuelle Ensemble nicht jeden und im Vergleich zu den letzten Auftritten, die das UG-Team in den letzten Jahren erleben durfte, wirkte der Gig leider etwas "blutarm" - vor allem im Vergleich zur Show auf dem Schweizer Black Hole Fest wenige Monate zuvor. Nun mit Spellgoth am Bass (Stimme von Horna), Shatraug höchst selbst an den Vocals und neben Gitarrist VJS mit neuem Drummer Nur-i-siyah punkteten Sargeist dennoch in den Classics.
Die teilweise langen Pausen zwischen den einzelnen Songs und dem Gefühl, nur die halbe Miete zu bekommen, half on top wenig. Man kann nur hoffen, dass sich die Band nach den letzten Memberwechseln noch findet, denn die bockstarken Songs verdienen Leidenschaft! Versteht uns nicht falsch - der Gig war gut, aber gemessen an de Erwartungen, wäre mehr drin gewesen.
Mit Vermilia und damit dem "Rausschmeißer" des UTBS blieb man weiter im hohen Norden bzw. Finnland und gab einen melodisch-versöhnlichen Abschluss. Die Kombo rund um Julia "Vermilia" Mattila gab einen Pagan-angehauchten Black Metal zum Besten, den man stilistisch vielleicht irgendwo zwischen Sylvaine und Myrkur verorten möchte, nur eben mit großem Fokus auf Klargesang, der an einige mainstreamigere Vertreter der Zunft erinnern mag.
Neben "Hautavajo" und anderen Songs der aktuellen Scheibe "Ruska" von 2022 wurde auch ein kleiner Ausblick auf die neue Scheibe gegeben, an der Vermilia aktuell arbeitet. Trotz fortgeschrittener Stunde und der damit kühlen Witterung schaffte man es eine nicht gerade geringe Anzahl Zuhörer zu aktivieren, wobei sich bei manchen vermutlich bereits ein melancholisches "End of festival"-Gefühl ausbreitete und man sich dem Rausch, den Gesprächen mit Gleichgesinnten und dem Schlummer hingab, weil Sargeist für nicht wenige das uneingeschränkte Finale bildeten. Wer sich noch von Vermilia in die Nacht hatte begleiten lassen, dürfte gewiss schön geschlafen haben!
Fotos: Anna Apostata & Aen Vessah
Bericht:Starduster, Phil & Haimaxia